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Als mich mein Herr (Gott) beim Namen gerufen hatte und mir durch Seine Offenbarung Geheimnisse des Himmels anvertraute, teilte Er mir meinen neuen Namen mit. „So sollst du dich fortan nennen, es ist in Ewigkeit in die Himmel (Universum) geschrieben: Acon“.

 

AGITATIO

Bewegung – Betreibung – Regsamkeit
Redsamkeit - Rührigkeit

CONCILIO

Zusammen bringen – verbinden – gewinnen – empfehlen –vermitteln
Zustande bringen – erwerben – verschaffen

OSTENTUS

Zum klaren Beweise – das Zeigen und Aufzeigen
Zeichen setzen *)

NUMEN

Göttliches Walten – Schickung – Macht – Wesen – Gottheit –Befehl
Wille – Wink

*) Gegensatz: ostentus credere – für Blendwerk halten

 

 

 

 Eine Meditation zu:

 

Ich bin angekommen, ich bin zuhause

 

Ich bin angekommen bedeutet, ich habe aufgehört zu rennen und bin im gegenwärtigen Moment. Nur er umfasst Leben. Atme ich ein, mache ich einen Schritt, berühre ich das Leben. Mit dem Rennen, den Hetzen aufhören ist wichtig. Nach Frieden, Glück und Stabilität kann ich nur im Jetzt Ausschau halten. Im Jetzt ist mein Zuhause. In ihm entdecke ich Wunder. Kummer und Sorgen werden geringer.

 

„Ich bin angekommen“, „ich bin zuhause“, diese Verse eignen sich für die Geh- und Sitzmeditation. Beim Einatmen sage ich „angekommen“, beim Ausatmen „zuhause“.

 

Bin ich im Hier und Jetzt angekommen, kann ich das Leben mit all seinem Wundern berühren. Der Regen ist ein Wunder, der Sonnenschein ist ein Wunder, die Bäume sind Wunder, die Gesichter von Kindern sind Wunder.

 

                                      Aus: Inspirationsbuch 2012, Seite 225+226

 

Jesus sagt: Ich bin der Anfang und das Ende, Ich bin der Ich bin: AMEN

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Leseprobe: Die Sprache des Herrn

AUS DEM INHALT

 

                   1       Kirchgang                                                           

                   2       Ein wunderschöner Morgen                                          

                   3       Der letzte Dreck vom Ebertplatz                                        

                   4       Der Boss liefert frei Haus                                                  

                   5       Nimm meine Hand                                                             

                   6       Der Seher                                                                            

                   8       Ein neue Name                                                     

                   9       Das Holz und der rote Punkt                                              

                   10     Das neue Mitglied                                                              

                   11     Was geschrieben ist, das bleibt geschrieben                     

                   12     Der Teufel liefert die Kohlen                                             

                                                                        

1       Kirchgang

 

 

Es ist ein schöner Sonntagmorgen. Ich gehe zur Kirche. Eine wundersame Ruhe ist in der Stadt. Kein Verkehrslärm, keine hetzenden Menschen, kein Arbeitstag. In der Frühe sind überwiegend nur Kirchgänger und Ausflügler unterwegs. In der Nähe des Gotteshauses begegnet mir eine ältere Frau. Sie wandelt wie geistig abwesend und nimmt von mir keine Notiz. Sie murmelt etwas vor sich hin, als hielte sie Selbstgespräche.

 

Wie sie mit mir gleichauf ist verstehe ich ihr Gefasel. Sie nuschelt ständig: „Komm her, komm her…“. Ich schaue um mich und denke, die Dame spräche mit ihrem Hündchen. So sehr ich mich auch bemühe kann ich weder Hündchen noch eine andere Kreatur erspähen. Ob sie an Demenz leidet?

 

Damals verstand ich die Sprache des Herrn noch nicht vollkommen und das Begreifen fiel mir schwer, weil ich mich in den göttlichen Urgrund nicht hineindenken wollte. Heute weiß ich, dass die Begegnung am Sonntagmorgen eine Lektion für mich war, denn diese Frau sprach mit ihrem Schöpfer. Sie stand Ihm gegenüber just im Augenblick unserer Begegnung. Sie bereut aufrichtig ihre Sünden, deshalb hat sie ihre Schwurfinger gespreizt und ich erkenne nun die Erneuerung ihrer Seele. Sie ist wiedergeboren – hineingeboren in das himmlische Jerusalem. Sie ist unsterblich.

 

Wem Gott sich offenbart, den verlässt Er nimmermehr. An diesem Sonntagmorgen durfte ich bei einem Schritt in die Dimension des Allmächtigen zugegen sein.

 

Ich hatte die alte Dame damals nicht verstanden, so wie ich in meinem ersten Leben den Herrn, Jesus Christus nicht verstehen wollte. Sie sagte nicht: „Komm her, komm her“ und sprach mit keinem Hündchen und mit keinem Menschlein.

 

Sie sprach mit ihrem Erlöser: „Komm, Herr – komm Herr“. Und sie wurde erhört!

 

 

Herr, ich danke Dir, dass Du die Kirche gegründet hast und dass ich in ihr geborgen bin. Ich danke Dir, dass es Menschen gibt, die sich um unser Seelenheil kümmern und uns helfen auf dem Weg zu Dir. Ich danke Dir, dass Du uns Dein Wort geschenkt hast, das Wahrheit und Leben ist.

 

Ich danke Dir, dass Du so groß und gewaltig bist, das meinen Geist übersteigt. Ich danke Dir, dass Du unser Gott bist und uns einmal aufnehmen wirst in die ewige Seligkeit. So wird uns auch erträglich, was wir hier auf Erden noch ertragen müssen.

 

Ich danke Dir, dass Du bist und dass Du mich geschaffen hast.                        

 

         Joseph Bernhard

 

2          Ein wunderschöner Morgen

 

Es ist Urlaub. Endlich! Zwölf Tage bin ich schon in diesen wunderschönen Ort am Meer. Jeden Morgen zwischen drei- und vier Uhr setze ich mich auf den Balkon und beobachte die Sterne, den vollen und den abnehmenden Mond. Es herrscht eine Ruhe wie in meiner Waldheimat. Die lärmenden Diskotheken nahe de Strandes haben geschlossen. In dieser Stille zwischen Tag und Nacht kann man ein wenig begreifen von der Allmacht des Schöpfers.

 

Ich denke an die Zeitungsberichte, welche ich vor unserem Urlaub las. Wissenschaftler haben vor einem Jahr ein neues Sonnensystem entdeckt und neue Galaxien seien entstanden. Neue Bücher müssen geschrieben werden. Die Astronomen stehen vor einem Rätsel. Ich schaue zum Gestirn der Nacht empor, warte auf das Gestirn des Tages und verfalle in tiefes Nachdenken. Das Tellerklappern der Pizzeria nebenan ist verklungen, das fröhliche Lachen der Angestellten ist verhallt. Das Licht ist ausgeknipst und es dauert nicht mehr lange, beginnt der Hausdiener vom ‚Fünf Sterne Hotel’ auf der gegenüberliegenden Seite im Morgengrauen mit dem säubern des Rasen und des Schwimmbeckens. Jeden Tag die gleiche Prozedur.

 

Doch heute kommt mir alles eigenartiger vor als die Tage bisher. Womöglich liegt es an dem kleinen Tropfen Wehmut in meinem Herzen, weil morgen der letzte Urlaubstag ist. Die Fledermäuse umschwirren mich lautlos. Zuerst erschreckte mich ihr schneller Anflug, den sie kurz vor meinem Gesicht abrupt ändern. Längst schon habe ich mich an sie gewöhnt und sie lieb gewonnen. Kein Forscher konnte bisher ihre Fähigkeiten ergründen, mich überkommt bei ihren geisterhaften schwärmen jedes Mal das Gefühl, als hetzten ruhelose, erlösungsbedürftige Seelen durch die Nacht.

 

Langsam verfärbt sich der Zenit, der neue Tag zieht herauf. Die Fischerboote fahren mit ihrem monotonen Tuckern hinaus. Im Hafen beginnt reges Treiben. Auch hier täglich die gleiche Prozedur. Das tuck-tuck-tuck der hinausfahrenden Boote wird immer leiser und ihre brennenden Lichter werden immer kleiner bis sie die Weite des Meeres aufnimmt. Bald werden die Vögel ihren täglichen Morgengruß zum Himmel empor trillern. Etwas zaghafter als zuhause ist ihr Gesang, als hätten sie Angst vor den Netzen. Nein – nicht vor den Netzen der Fischer fürchten sie sich, Angst vor den Netzen zwischen den Olivenhainen lässt ihren Gesang traurig erklingen. Wenn dereinst die Vöglein der abartigen Fresssucht weniger perverser Menschen in dulci jubilo dahingerafft sind und ihr Gesang verstummt ist, werden die Netze in den Olivenhainen überflüssig sein. Und die Netze der Fischer auch.

 

Ein Teilchen des leuchtenden Sonnenballs spitzt schon aus dem Meer hervor, als ich weit draußen auf dem Gewässer ein viel zu spät heimkehrendes Fischerboot bemerke. Zum Klabautermann, wo kommt denn dieser Kahn noch her? Seit ich in dem Städtchen am Meer bin sah ich noch nie ein Boot aus dieser Richtung kommen. Stets fuhren die ausfahrenden Fischer vom Hafen nach rechts und die Heimkehrenden nach links. Welchen Nachhauseweg hat sich denn dieser Bootsmann ausgesucht? Ich höre weder Motorengeräusch noch einen anderen Laut. Ob der Geisterkahn vom Nachbarort kommt? Lässt er sich von den Wellen treiben? Womöglich ist es ein besoffener Seemann, der über Nacht in einer Kaschemme durchgemacht hat? So wie ich in früheren Zeiten? Besoffener Bootsmann – besoffener Taxifahrer – wo ist da der Unterschied. Beide sind nicht empfehlenswert. Erst die Arbeit, dann die Feier!

 

Ein Stöhnen kommt vom Boot herüber. Als hätte jemand einen schweren Stein auf der Brust liegen. Mittlerweile steht die Sonne als rot glühende Scheibe über dem Meer. Ihr unterer Rand berührt das Gewässer und inmitten dieser Glut hebt sich as Boot wie ein Scherenschnitt ab. Nun höre ich das Rasseln schwerer Ketten und das Quietschen der Ankerwinde. Nochmals vernehme ich das Herz zerreißende Stöhnen auf dem halb verfallenen Nachen, es hört sich an wie die Laute eines Sterbenden. Besoffene grölen doch! Ein Sonnaufgang mit Geisterboot. Es ist umrahmt von den glühenden Elementen. Nun wendet sich das Gefährt um einhundertundachtzig Grad und steht in der herkömmlichen Richtung. Entgegen zum Hafen! Ich fühle den Stillstand der Zeit. Was ist dort draußen los? Alles spielt sich direkt vor meinen Augen ab.

 

Oh Gott! Der arme Fischer ist gestorben! Totenstille!

 

Der Bademeister am Strand muss doch das schreckliche Stöhnen ebenfalls gehört haben. Um diese Zeit säubert er doch täglich den Strand. Wo ist er nur? Wo bleiben denn heute die Strandläufer und die Jogger?

 

Plötzlich vernehme ich Motorengeräusche. Das Boot hat einen Motor! Also ist es kein Geisterboot, das von den Wellen getrieben wird. Warum hat es der Wind vor meine Augen geschaukelt? Oder gegaukelt? Der Motor läuft nun gleichmäßig. Dann ein Freudenschrei an Bord! Er lebt! Und in mir das Seelenheil des Himmels. Die Stimme des Herrn! Was der himmlische Vater, ergo Jesus Christus seinem Knecht in einer Sekunde lehrt, können tausend Philosophen in tausend Stunden nicht lehren. Der Mann auf dem Boot ist nach Menschenmaß gestorben und ist zum ewigen Leben hindurchgegangen. Ein Mensch aus Fleisch und aus Blut bekam die Unsterblichkeit. Seine Sünden sind erloschen und seine gesamten Fragen der Endlichkeit sind beantwortet. Das Begreifen fällt mir schwer, dem Erlösten auf dem wackeligen Nachen bestimmt auch. Wo die Logik endet beginnt das Unbegreifliche. Die Sonne strahlt nun kräftig vom Himmel und ich durfte Zeuge eines Wunders sein.

 

Noch habe ich das Motorengeräusch des Fischerbootes in den Ohren, da wendet dieses und kommt zurückgefahren. Diesmal ist das Geschehen unauffällig und irdisch. Langsam kommt das Schiffchen heraufgezogen und hält vor meinen Augen an. Es ist nach hinten geneigt. Die Netze sind prall gefüllt. Freude durchzieht mein Herz und ich begreife, dass ein neuer Knecht in seinen ewigen Hafen der Glückseligkeit heimgekehrt ist. Das Gefährt setzt sich wieder in Bewegung und ich höre fröhliches Lachen an Bord. Noch lange vernehme ich das gleichmäßige tuck-tuck-tuck und mir ist, als sei das Geräusch des Bootmotors plötzlich das Geräusch eines abfliegenden Hubschraubers. Ob der Fischer vom Meer wohl gleich zu seinem Stern in die Unendlichkeit geschippert ist? Mit nassen Augen und voll Ehrfurcht gehe ich in das Zimmer zurück. Die Uhr zeigt sechs Uhr dreißig. Meine Frau ist wach geworden und ich sage: „Einen wunderschönen guten Morgen".

 

Hätte das Leben keinen tieferen Sinn, als unser kleiner Verstand zu fassen vermag, so lohnte es nicht, dieses Leben zu leben.                                                          

                                              Oswald Bumke

 

 

3       Der letzte Dreck vom Friedrich-Ebert-Platz

 

 Gewidmet allen Menschen ohne Heim und ohne Habe und allen Ausgestoßenen, die durch eigene Schuld oder durch die Schuld Anderer in solche Zwangslage geraten sind.

 

Der Friedrich-Ebert-Platz war einmal die Endstation der Straßenbahn. Heute ist der Platz die Endstation der so genannten Nichtsesshaften. Traurig! Am Ebert-Platz mussten die Leute in den Bus umsteigen, wenn sie ins Knoblauchsland wollten oder Erlangen erlangen wollten. In meiner Volontärzeit fuhr ich täglich mit dem ‚Einundachtziger’, weil den Bus auch ein wunderschönes Mädchen benutzte. Sie hatte schwarzbraune Augen und einen neugierigen Blick. Demnächst haben wir ein großes Fest. Wir beide feiern Silberhochzeit!

 

Am Ebert-Platz hat sich in diesen fünfundzwanzig Jahren viel geändert. In der einstigen Wartehalle wird Gemüse angeboten und Döner gibt es auch zu kaufen. Gehässige Leute sagen, der Dönerladen stinkt, obwohl es dort sehr sauber zugeht. Das einheimische Gemüse im einstigen Fahrkartenladen stinkt auch, weil die Gunda ihre Frischware aus Schnepfenreut zu lange lagert. Das riechen die gehässigen Leute nicht. Und die einstige Bedürfnisanstalt, die zur maroden, verdreckten Kloake verkommen ist, riechen diese Schwätzer schon gar nicht. Noch ein Übel für die gehässigen Schwätzer ist am Ebert-Platz vorzufinden: Die lange Bank der einstigen Wartehalle.

 

Auf der langen Bank sitzen in aller Herrgottsfrühe schon die Trunkenbolde herum und saufen ihren Bauernwein oder sie stehen herum und schnorren die besseren Mitbürger an. Diese Gammler stinken wie der Türkenladen, weil sie ihre Unterwäsche nicht wechseln und trotz Eingaben und Anträgen an die Stadtverwaltung bringt man diese Asozialen nicht weg…sagen die gehässigen und die so genannten Besseren. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass die Unterwäsche der Erniedrigten meistens besser riecht als jene der selbst Erhöhten. Zwischen dem Dönerladen und dem Gemüseladen ist der Zigaretten- und Zeitschriftenstand geblieben. Hier kann man internationale Presseerzeugnisse und die Lügen der Regenbogenpresse erwerben. Nur heilige Schriften und die Heilige Schrift kann man hier nicht kaufen. Für wem wohl? Natürlich werden hier Tabakwaren verkauft. Der Staat muss ja leben. Deshalb unterstütze auch ich den Staat und paffe täglich zwei bis drei Schachteln Dannemann oder Willem, den Zweiten. Und wer gute Zigarillos raucht, macht sich sein tägliches Bild aus der seriösen Tageszeitung. Qualmen und Zeitung lesen ist die Meistbeschäftigung am Taxiwarteplatz. Da zieht man die neuesten Nachrichten nebst Nikotin genussvoll in sich hinein:

 

Lady Di hat Magendrücken und mit den neuesten Superwaffen kann man die gesamte Erde bereits dreihundert und fünfundsechzig Mal ausradieren. Grandios! Viel bessere Kracher als die Winzlinge von Hiroshima und Nagasaki. Für die Klugen unter den Dummen hängt ein Spiegel am Zeitungsständer. Da erkennt man selbst dann nichts, wenn man hineinschaut, weil er jede Woche seine Form ändert.

 

Der Taxistand ist seit einigen Jahren direkt vor die lange Bank mit den Faulenzern verlegt, dort wo ehedem die Busse an- und abfuhren. Seit einigen Wochen steht auch ein alter Bekannter bei den Säufern und Faulenzern. Zwanzig Jahre lang kenne ich ihn schon. Damals fuhr ich noch die Nachtschicht und mein Bekannter war Oberkellner in einem Restaurant für die Hautevolee. Er hatte seinen Beruf von der Pike auf gelernt und verdiente dem entsprechend. Er konnte sich in mehreren Sprachen perfekt unterhalten und seine Umgangsformen waren hervorragend.

Ich bewunderte seine Maßanzüge und seine geschneiderten Hemden. Er war in allen Dingen die korrekte Person und wir beide verstanden uns gut, hatten wir doch viele Gemeinsamkeiten. Zur damaligen Zeit war es üblich, dass Taxifahrer ordentlich gekleidet waren, eine ordentliche Frisur trugen, stets hilfsbereit waren und täglich mit einer sauberen Droscke ihre Fahrgäste kutschierten. Ich war in jener Zeit ein Autofanatiker, ein Sauberkeitsfanatiker, ein Geldfanatiker und noch mehr ein Weiberfanatiker. Durch die Bekanntschaft mit dem Oberkellner, nennen wir ihn hier ‚Anton’, lernte ich interessante Leute kennen. Honorige Ausländer und spießige Inländer. Er stellte mir einen Teil der Rathauselite vor, denn Anton durfte auch die feine politische Gesellschaft bedienen. Eigentlich waren wir grundverschieden und dennoch eine Sinneseinheit. Wenn wir zu später, respektive zu früher Stunde nach Hause fuhren, hatten wir uns immer viele Neuigkeiten auszutauschen.

 

Das ist lange her. Wir verloren uns wegen beruflichen Gründen aus den Augen. Ich lernte die Welt kennen und dachte oft an ‚meinen’ Oberkellner. Nun war ich wieder in Nürnberg und fuhr wieder Taxi. Keine festen Schichten mehr, aber bei allem, was ich tat, zog es mich immer wieder hinter meinen Beichtstuhl auf vier Rädern.

 

Wie gesagt, nun steht mein Freund Anton hier mitten unter den anderen gestrauchelten Schafen und ich kann es einfach noch nicht begreifen. Er hat sich verändert. Sein Gesicht ist aufgedunsen, keine Maßkonfektion mehr, keine Krawatte mit Windsorknoten, keinen Schmuck mehr an den Händen. Seine leuchtenden Augen sind wie ausgeweinte Höhlen. Ich frage ihn nicht nach dem Warum. Er will es nicht. Dabei gäbe es viel Warum. Warum nur ist ein Mensch mit seinen Fähigkeiten so tief gefallen? Warum steht er täglich hier und hält krampfhaft seine Bierflasche fest. Er säuft! Warum nur?

 

Nun sehe ich Anton jeden Tag wieder. Täglich fahre ich mehrmals zum Ebert-Platz und immer begrüßt er mich mit einem ’Habe die Ehre’ und ich erwidere seinen Gruß. Statt Zeitung zu lesen, stelle ich mich neben ihn, um ein Gespräch zu beginnen. Ich sehe seinen körperlichen Verfall und Anton will mir nichts Persönliches erzählen. Er ist eine menschliche Ruine geworden, doch pünktlich um sechs Uhr dreißig am Morgen steht er am Gammlertreff, als warte er auf etwas, was er nicht aussprechen will. Mit der Zeit sieht man ihn selten nüchtern. Er bettelt die Vorübergehenden um ein Almosen an, damit er sich Bier und Schnaps kaufen kann. Die oberen Zehntausend, die er früher bediente, würden ihn nicht mehr erkennen. Anton grüßt mich auch nicht mehr mit ‚Habe die Ehre’ oder wenigstens mit ‚Grüß Gott’, wenn ich mir meine Zigarillos und die Zeitung am Kiosk hole. Jetzt lallt er: „Hei, Kumpel, kauf mir ein Bier!“ Und ich frage ihn immer noch nicht, warum er aus seinem vornehmen Leben ausgestiegen ist – und mein Oberkellner spricht nicht darüber.

 

Eines Tages steht Anton nicht mehr da. Ich vermisse ihn. Da ich in der Taxireihe ganz hinten stehe, steige ich aus und gehe zur Kioskfrau. Sie kennt Anton schon so lange oder noch länger wie ich. Ich frage sie, wo heute unser Oberkellner bleibt. Sie beginnt zu weinen. „Die Sanitäter haben ihn gestern abgeholt, weil er wirres Zeug redete und von Selbstmord sprach. Sie haben ihn in die Psychiatrie gebracht“, erfahre ich. „Hat wohl zu viel Bier erwischt“, denke ich laut. Nein, seine Frau hat ihn wegen eines anderen Mannes verlassen, erfahre ich, da hat er durchgedreht. Verständlich. Weil ich neugierig bin und die Verkäuferin im Moment ein wenig Zeit hat, erzählt sie mir noch mehr von Anton.

 

Als ich damals in die Tagschicht wechselte und somit Anton aus den Augen verlor, wurde er von einer schweren Krankheit befallen. Der komplette Magen wurde ihm entfernt und der Darm musste nun dessen Aufgabe übernehmen. Die Operation bedeutete einen langen Klinikaufenthalt. Dem Anton wurde während seiner Krankheit gekündigt und seine erlernten Fähigkeiten waren nun nutzlos.

Seine Hände zitterten und er konnte keine volle Arbeitsschicht mehr durchstehen. Seine Frau wollte ihren gewohnten Lebensstil nicht ändern, deshalb häuften sich die häuslichen Streitigkeiten. Zwischendurch arbeitete Anton in zwielichtigen Lokalen und er verwickelte sich mit den Gästen immer öfter in Auseinandersetzungen. Erneute Kündigung, dann Langeweile. Keinem Menschen wollte er sich anvertrauen. Aber der Gestrauchelte durfte öfter die Verkäuferin vertreten, wenn diese Besorgungen zu machen hatte. Deshalb stand er auch täglich hier, noch bevor der Kiosk geöffnet wurde, um sich einen kleinen Obolus zu verdienen.

 

Nachdem ich mich von der Frau verabschiedet hatte, ging ich zu meinem Taxi zurück. Ich wurde traurig und nachdenklich. Obwohl mir die Offenbarungszeit des Allmächtigen noch bevorstand und mir das Sprechen mit Gott noch schwer fiel, murmelte ich so etwas wie ein Gebet: „ Herr, lass` unseren Oberkellner wieder gesund werden“.

 

Vierzehn Tage später wurde ich mit allen himmlischen Kräften in die eben erwähnte Offenbarungszeit hineingezogen. Ich wusste nicht, dass Anton schon vor mir vom Schlaglicht Christi getroffen wurde. Vierzehn Tage später war der fünfundzwanzigste September im Jahre des Herrn neunzehnhundertsiebenundachtzig.

 

Es war der Tag, an dem ich die ‚unschuldigen Kinder’ fahren durfte. Es war der Tag, an dem ich die ‚Schlange’ zum fliegenden Holländer fahren durfte und es war der Tag, an dem ich meine Stadt messen durfte. Die Stadt ist in der Länge und in der Breite und in der Höhe gleich…An diesem Tag wurde ich im Geiste verklärt, denn Jesus Christus war in mein Fleisch und in mein Blut eingekehrt und die göttliche Weisheit wurde in meine Seele eingepfropft.

 

An diesem Tag des Nikolaus von Flüe beginne ich mein Tagwerk um sechs Uhr morgens, Zuerst hole ich meine Hausnachbarn ab, die zum Urlauberbus gebracht werden wollen. Anschließend umrunde ich Laurentius, Sebaldus und unsere liebe Frau, die drei Hauptkirchen meiner Stadt. Ich fahre zum Ölberg hinauf und mir wird mein goldenes Jerusalem gezeigt. Danach fahre ich durch das Tiergärtnertor über den Holzsteg, der nur für Fußgänger gebaut wurde, zum Friedrich-Ebert-Platz. *)

 

Mein Freund Anton, der Oberkellner, stand alleine da. Der Kiosk war geschlossen und Anton hatte eine angebrochene Bierflasche auf dem Zigarettenautomat abgestellt .Eine ungewohnte Ruhe lag über dem Platz und es war noch finstere Nacht. Wir blickten uns gegenseitig in die Augen und erkannten das heilige Wirken in uns. Obwohl ich an diesem Tag nur eine leichte Leinenhose und ein kurzärmeliges Hemd angezogen hatte, wurde mir heiß. Kein Verkehrslärm, sondern Totenstille an einem Freitagmorgen am Ebert-Platz! Trotz der morgendlichen Kühle schwitze ich. All mein Sprechen und all meine Handlungen werden an diesem Tag von Jesus Christus in mir geleitet. Ich erkenne das Wirken des Heiligen Geistes in Antons Augen. Die Kinder und die Knechte Gottes erkennen sich an ihren ausgeweinten Augen.

 

Nochmals sehen wir uns gegenseitig lange in unseren Spiegel der Seele. Was wird der himmlische Vater in diesem Moment des Schweigens dem Anton gesagt haben? Es bleibt versiegelt und es weiß nur das neue Kind Gottes! Und Anton kann schweigen! Es dämmert und mich dürstet. Flüsternd bitte ich Anton um einen Schluck Bier. „Da, sauf`, sauf` alles aus“, gibt er genauso leise zurück. Wir lachen und ich nehme einen doppelten Schluck.

 

*) 5. Kapitel der Offenbarung des Christ Acon: Gott schenkt Seinen Geist ohne alles Maß

Zwei Zehnmarkscheine hatte ich mir morgens eingesteckt. Meiner Frau erklärte ich, dass ich kein Wechselgeld mehr brauche. Sie prophezeite mir, dass ich bald ins Narrenhaus käme. Einen der Scheine gab ich Anton und sagte ihm, dass ich an diesem Tag noch zweimal zu ihm zurückkomme. Er zweifelt. Der Zweifel ist ja bekanntlich der größte Feind der Wahrheit. Ich legte ihm meine Hand auf die Schulter und sprach: „Bei demjenigen Gott eingekehrt ist, kann nicht mehr Unrecht tun. Und lügen ist Unrecht vor Gott und den Menschen“.

 

Das erste Mal komme ich mit den ’Unschuldigen Kindern’ zurück. Mit dem zweiten Zehner, den ich habe, kaufen die Kinderchen mit mir Kaugummi, da der Kiosk jetzt geöffnet ist. Die Verkäuferin staunt, die Kinder staunen auch, denn ihre Händchen sind fast zu klein, ob der Kaugummimasse. Es ist bereits kurz vor acht Uhr und wir müssen uns beeilen, um rechtzeitig zum Hort in die Grünewaldstraße zu kommen. Der Oberkellner schreit: „Da, sauf`“, und wundert sich nicht, dass ich schon wieder da bin. Ein drittes Mal komme ich zurück, als ich die Schlange Emma abgeliefert habe. Es ist Neunuhr dreißig, halb zehn.

 

Die Verkehrsampeln sind ausgefallen, erzählt mir Anton. Der Rest meiner Schicht fällt ebenfalls aus. Und das am frühen Vormittag. Wundervoll sind die Wege des Herrn. Anton redet weiter:“ Eine Sonnenfinsternis ist und die Ampeln sind ausgefallen, siehst du das nicht?“ Ich muss lächeln, obwohl mir momentan nicht danach zu Mute ist. Meine innere Stimme erklärt mir in diesem Augenblick, dass nun mit dem Taxi fahren Schluss ist. Und Anton werde ich wohl erst in einer anderen Welt wieder begegnen, fühle ich. Wie so oft bitte ich meinen Oberkellner um einen Schluck. Er zerrt mich beiseite und ich sehe eine ganze Batterie gefüllter Bierflaschen auf dem Zigarettenautomat stehen. Er streckt mir eine volle Flasche des köstlichen Gesöffs entgegen. Sein obligatorisches: Da sauf` bleibt in seiner Kehle stecken. Mit aufgerissenen Mund und ausgebreiteten Armen sieht er mich an und schreit in den Himmel hinauf: „Ich danke Dir, Herr Jesus Christ, dass Du zu mir gekommen bist…“ Er schreit so laut er kann, so dass die von der Gesellschaft ausgestoßenen Kumpel um die Ecke kommen und mich aufklären. Der Oberkellner säuft sich noch zu Tode, sind sie überzeugt. Ein Wermutbruder sagt mir, dass der Anton eine neue Geldquelle hat, ein anderer erzählt mir von den kaputten Ampelanlagen. Eine Sonnenfinsternis hat außer dem Anton nur einer gesehen. Der Taxifahrer. „Am Friedrich-Ebert-Platz herrschte gestern ein Verkehrschaos – die Lichtzeichenanlagen waren ausgefallen“ - am Tage des Nikolaus von Flüe… Anton habe ich nicht mehr getroffen. Am Abend dieses Tages wurde ich in die Psychiatrie eingeliefert. Endogene Psychose.

 

Das Erlebnis der Vereinsamung und Einsamkeit wird vielen vom Schicksal betroffenen Menschen zu einem bedrückenden Problem, das sie alleine nicht bewältigen können. Die meisten Selbstmörder unter den Betroffenen sind alleinstehend, unverheiratet, verwitwet oder geschieden. Es sind Menschen, um die sich niemand kümmert. Sie erleben in einer schmerzenden Weise, dass sie niemand haben, mit dem sie sich verstehen könnten. Die Ursache für den Selbstmord ist in 47 % Depressionen, in 18 % psychische Leiden, in 17 % Alkohol- und Medikamentensucht und in den sonstigen Fällen Angst- und Zwangsneurosen. Ausgelöst wird die Selbstmordhandlung durch Liebeskummer und Eheprobleme, Vereinsamung, Krankheit, Schmerz und Leid, berufliche und wirtschaftliche Probleme, die zu tiefer Resignation, Hilflosigkeit und Hoffnungslosigkeit führen.*)

 

                                                                 *) Statistik der Weltgesundheitsorganisation

 

4       Der Boss liefert frei Haus

 

Drei Tage habe ich nichts geschrieben. Unentwegt faszinieren mich die neuen Kanäle des Fernsehers. Meistens schaue ich nur die dritten Programme, obwohl die Auswahl groß ist. Zweiundzwanzig Programme stehen mir schon zum Glotzen zur Verfügung. In den Telekolleg- Sendungen erfahre ich viele himmlische Nachrichten. Von der Nordseeküste bis zu den Alpen kann man sich informieren lassen und ich kann jetzt sogar die Schweizer Nachrichten empfangen. Von Keitum bis Konstanz und von Köln bis Kreuzligen werden mir die interessanten Nachrichten mitgeteilt.

 

Meine platonische Geliebte ist in Sorge. Sie sagt: „Du hast die gleichen Symptome wie damals vor deiner Einlieferung ins Krankenhaus. Seit du da oben im Teutoburger Wald warst, bist du anders. Sie merkt immer als Erste, wenn bei mir eine körperliche oder eine seelische Veränderung eintritt. Sie hat Recht. Ich will nicht mehr schreiben und nicht mehr malen und ich will mich nicht mehr hänseln und verspotten lassen. Basta!

 

„Ich verbrenne alles, was ich bisher geschaffen habe“ sage ich ihr, „du glaubst mir nichts, die Kinder glauben mir nichts und ich fühle mich überflüssig. Für wen soll ich alles niederschreiben. Warum soll ich Bilder malen, wenn sie eines Tages auf dem Müll landen?“ Sie schweigt. Nach relativ langer Zeit tut sie ihren Mund wieder auf: „Die Bilder bleiben da!“ meint sie bestimmend. Wenigstens haut sie mir dieses Mal zur Bekräftigung ihrer Meinung nicht die Bibel auf den Kopf. Ihrer Meinung nach sind die Pfaffen mitschuldig an meinem Dilemma. Sie sorgt sich um mich, wo ich doch gar nichts mehr von Visionen und Jesusgesprächen erzähle. Auch ‚Die Sprache des Holzes’*) übersetze ich ihr nicht mehr. Hätte ich ihr jetzt vom ‚roten Punkt’*) erzählt, wäre mir doch noch das Buch der Bücher an den Kopf geflogen. Wenn ich nur auf den roten Kontrollpunkt am Fernseher deute, kommt sie schon in Rage. Lassen wir das für heute. Heute wispere ich nur: „Gott hört alles!“ Ihre Antworten sind nicht druckreif.

 

„Die Bilder werden nicht verbrannt“, bestimmt sie. Was meine Frau sagt wird gemacht! Noch einen gut gemeinten Ratschlag hat sie parat: „Und höre nicht auf andere Leute, mache das, was du für richtig hältst.“ Das hat mir mein Boss auch schon gesagt und wiederholt es sogar: „Du kannst niederschreiben oder versiegelt bleiben.“ Trotzdem frage ich nochmals nach, was ich Seiner Meinung nach nun tun solle. In dieser Nacht schaue ich lange suchend zum Himmel empor. Ich rede mit dem Vollmond – mit den Sternen – mit dem Morgenstern und mit den Wolken. Sie wissen keinen Rat und der liebe, große Indianer hört anscheinend den kleinen Heiner Strohkopf nicht. Doch der Allmächtige hilft auf Seine Weise. Am vierten Tag weiß ich, dass ich weitermache. „Erst recht!“ teile ich beim Frühstück meiner Gattin mit. Sie hat das selbstverständlich schon gewusst, höre ich. Sie will ja stets klüger sein, als die Himmelsmächte, sie hört nämlich das Gras wachsen.

 

Ich schreibe zwei Minen leer und habe keinen Ersatz zu Hause. Kugelschreiber mag ich nicht, die patzen und kleckern Papier und Hände voll. Am nächsten Tag bitte ich meinen Kleinen, er solle mir nach seinem Dienst Minen für meinen Stift besorgen. Er leistet zurzeit seinen Zivildienst bei den Samaritern ab. Er nimmt ein Muster der leeren Mine mit und freut sich, dass er um zehn Uhr schon wieder daheim sei. Pünktlich erscheint er und teilt mir mit, dass er die Spezialminen nicht bekommen hätte. Dafür hat er die Post aus dem Briefkasten mitgebracht. Es sind drei Sendungen. In der ersten teilt uns die Deutsche Bundespost mit, dass der dreiundzwanzigste Kanal ins Kabelnetz eingespeist wird.

 

*) Die neunte Geschichte: Das Holz und der rote Punkt

Der zweite Brief ist etwas praller und kommt aus Leonberg. Da hat mir wohl der Pfarrer aus dem kleinen Ort bei Mitterteich geschrieben. Es ist aber eine siebener Postleitzahl. Also ein Brief aus Baden-Württemberg. Wir sind gespannt, wer uns aus dem Ländle einen solchen dicken Brief schreibt. Ich öffne ihn und lese laut vor:

 

„Sehr geehrter Herr, Sie wurden eigens ausgewählt, unser neues Produkt zu testen. Wir haben Ihren Namen eingraviert. Als einer der Ersten erhalten Sie ein individuelles Muster. Natürlich können wir dieses Geschenk nicht jedem machen. Wir haben Leute wie Sie ausgewählt, deren Meinung uns wichtig ist. Dieses Gerät ist völlig neu in Europa! Ein Geschenk für Sie. Ein Jahr Garantie!“

 

Der Unterzeichner nennt sich wie unser Kleiner: Richard. „Das gibt es doch nicht“, meint dieser, so viel Glück möchte ich auch mal haben…“ Und er entdeckt noch ein Postscript: ‚Garantie für die Dauer eines Jahres, ein guter Grund, sofort zu handeln’. Ich erkenne die Aufforderung als Auftrag meines Herrn, mein Werk weiterzuführen und handele sofort. Wunderbar sind Seine Wege und lehrreich Seine Sprache.

 

Der dritte Posteingang dieses Tages ist meine Monatszeitschrift ‚Stimme des Glaubens’ und auf der Titelseite steht ein Kraft gebender Satz:

 

> Der Mensch ist wie eine Ähre in Gottes Hand - je voller sie ist, desto tiefer neigt sie sich<

 

Herr, lehre mich bedenken, dass mein Leben ein Ende hat, dass meine Tage ein Ziel haben und dass ich von dieser Welt muss. Lass mich erkennen, was andauernden Wert hat, damit ich auch suche, was vor Dir Bestand hat und mich von allem anderen trenne, was uns von Dir scheidet.                                                                                    

 

                                                                                                                        

                                                                                            Hermann Bezzel

 

 

5  Nimm meine Hand

 

 

Der Klerus hatte mir nicht geglaubt. Von der gesamten katholischen Geistlichkeit war ich enttäuscht. Die Lutheraner waren und sind Zweifler, sonst wären sie ja noch in der Urkirche. Ob freiwillig oder gezwungen kann man aus der Geschichte erlesen. Und die Anhänger der vielen tausend religiösen Splittergruppen waren für mich verführte und abgefallene, mit Blindheit geschlagene Mitläufer der Sektengründer.

 

Die Arbeit als Taxifahrer musste ich durch meine monatelange Krankheit aufgeben. Als ich dann wieder gesund war, benahm ich mich wie der bockige Christian in der sechzehnten Geschichte dieses Büchleins, ich hing meine Tätigkeit an den berühmten Nagel. Ich wollte nur noch einem Herrn dienen: Meinem Herrn und meinem Gott! Jahrzehnte lang hatte ich mit Ihm geschmollt, vergaß dabei aber nicht, Ihn zu ehren. Das heißt, dass ich betete, glaubte und hoffte. Ein eifriger Kirchgänger war ich jedoch noch nie. Ich war ein Heidenchrist, ein solcher, der die Existenz Gottes nie bezweifelte. Ich verteidigte Ihn sogar, wenn über Ihn gespottet wurde. Meine „Resl- Mama hatte in meiner Kindheit christliche Wurzeln in mich gepflanzt, welche alle satanischen Kräfte in meinem späteren Leben nicht ausreißen konnten. Jesus Christus blieb Sieger. Er prüfte mich lange, ehe Er mich mit Seiner Offenbarung belohnte. Er lehrte mich eine andere Sprache, ein anderes Denken und ein anderes Handeln. Nicht ich war es, der ja zu Ihm hätte kommen müssen – nein Er kam zu mir.

 

Trotzdem war ich grantig und unzufrieden. Ich schrieb einen langen Glaubensbrief an Gary, meinem einstigen Kollegen und suchte Berdilo, den Neurologen auf. Apathisch und geistesabwesend wie in jenen Septembertagen lümmelte ich zu Hause herum. Ich wartete wieder mal auf eine Kontaktaufnahme meines himmlischen Meisters und Lehrers. Und wäre es nur durch ‚Die Sprache des Holzes’, dem Knarren meiner Holzdecke. Meine Familie sah meine Veränderung, doch ich wollte mit niemanden über meine seelischen Schwierigkeiten sprechen. Zu viele Tränen waren schon geflossen.

 

Sollte ich den Rest meines Lebens als Klausner oder als Eremit verbringen? Warum bestätigte mein Herr meine Gedankengänge nicht, wie bisher? Im Geiste richtete ich meine Fragen an Ihn: Warum lässt Du mich im Fleische leiden? Wenn mir meine ‚Sara’ nicht glaubt, warum schickst Du mir keine ‚Hagar’? Es ist nicht gut, dass der Mensch alleine sei, oder? Siehst Du nicht, dass mich die Sehnsucht nach Dir verzehrt? Ich fühle Deine ständige Gegenwart in meinem Herzen und bin dennoch alleine. Ich bin doch noch Mensch!? Ich habe kein Empfinden zur Sünderin, doch lasse mich noch einmal im Fleische lieben wie zu Monikas Zeiten! Vater im Himmel, ich bin einsam!

 

In meiner Einsamkeit umarmte ich das Vakuum und dachte an meinen Gott. Ich sehnte mich nach den Atomen Seines Ebenbildes, dem Abbild Seiner Liebe mit Namen Weib. Einen festen Körper der Liebe erbat ich mir. Wenn ich aber einer Hagar verfalle, gebe ich mich doch wieder der Sünde hin. Du sagtest doch, wem sich Gott offenbart, der kann nicht mehr Sünde tun. Darf mich keine liebende Hand mehr berühren?

 

Er sah meine gequälte Seele und sprach: „Nimm meine Hand!“

 

Doch Er gab sie mir auf Seine Art und Weise. Der Handschlag Gottes ist anders als das Hände schütteln der Menschen. Wieder einmal war ich ungeduldig und aufmüpfig. Menschen vergessen immer wieder, dass Gottes Handlungen nicht menschlich sind, sondern göttlich.

Es war ein trostloser Tag. Ein Regentag, der auf das Gemüt drückt. Mit meiner Schreiberei war ich in Verzug. Logisch, dass ich unzufrieden mit mir selbst war. Wenigstens hatte ich mir vorgenommen, das Versäumte nachzuholen. Wozu eigentlich, wo ich doch so viel geschenkte Zeit habe.

 

Pünktlich wie jeden Tag kam meine Frau von der Arbeit nach Hause. Ihr Prusten und Keuchen war nie zu überhören. Das Radfahren und die über einhundert Stufen in die vierte Etage hoch strengten sie an. Regelmäßig ging sie zuerst in die Küche, um ihre vollen Einkaufstüten abzustellen und um ihren Durst zu stillen. Erst danach kam sie routinemäßig in mein Zimmer, um mich zu begrüßen. Heute musste ich warten, sie packte vermutlich zuerst ihre Einkäufe aus.

 

Ein Entsetzensschrei anstelle einer Begrüßung! Ich sprang hoch und rannte in die Küche. Da ich weder eine Maus noch ein anderes Untier entdecken konnte, vermutete ich, meine bessere Hälfte hätte eine Embolie oder dergleichen. Sie hielt ein schwarzes Täschchen in den Händen, dessen Reißverschluss sie soeben geöffnet hatte. Ich erkannte sofort, dass es sich um die Schutzhülle um eine Bibel handelte. Bestimmt hatte sie ein geistlicher Herr, ein Sektenmitglied oder einer der Falschlehrer verloren, welche mich des Bundes mit dem Teufel bezichtigten.

 

Die Hände meiner Frau zitterten und sie kreischte etliche Oktaven zu hoch. Mehrmals rief sie: „Eine Bibel, eine Bibel, ich Rindvieh bringe eine Bibel nach Hause geschleppt!“ Sie war total aufgelöst. Nein - nicht die Bibel wegen des Regens, sondern meine Alte wegen der Enttäuschung. Ich konnte erkennen, wie es in ihrem Innersten arbeitete. Für sie war es unfassbar, dass sie ungewollt eine Bibel mit heimbrachte, wo sie ihrer Vermutung nach doch schon einen vom Bibelwahn umzingelten Spinner zu Hause hatte. Schon etwas ruhiger fügte sie den Worten ihres Schreckens noch die Feststellung hinzu: „Da muss man ja an etwas Höheres glauben!“ Ausgerechnet sie, die mir wegen der Endzeitreden Jesu Christi, die ich ihr vorlas, das Buch des Heils vor geraumer Zeit an den Schädel warf, brachte Seine Botschaft nach Hause.

 

Mein Herz sprang vor Freude, denn ich erkannte in diesem Augenblick Seine Sprache und ich fühlte Sein Lachen in meiner Seele und Sein Lachen steckt mich an. Ich lachte so laut wie schon lange nicht mehr und die Freudentränen rannen mir über die Wangen.

 

Meine Frau lachte nicht, sie schüttelte nur den Kopf und war maßlos enttäuscht. Meine Glückshormone tanzten und ich schmetterte meinem Weib ihre eigenen Gedanken ins Gesicht. Nur in einer raueren Art und mit meiner oberpfälzischer Dialektik: „Dachtest du geldgeile Sau, du hättest dreißigtausend Silberlinge gefunden, bist extra schnell geradelt, um dein unrechtes Gut nach Hause zu bringen, hahaha“. Dabei ist meine Frau eine ehrliche Haut und hätte das Fundstück, und wären es viele tausend Mark gewesen, wieder zurückgegeben. Ich las in der Nacht lange in der gefundenen Bibel, verglich sie mit meiner Lutherbibel und suchte in dem Buch nach einen Verlierer. Nach den Randnotizen war zu vermuten, dass ein Student der Theologie die Worte des Herrn verloren hatte. Kein Falschlehrer, sondern ein Christ hatte das Buch verloren. Es war seine Adresse eingeklebt. Ich wusste den Wink des Dreifaltigen zu deuten. Der Anruf bei meinem Glaubensgenossen war Routine.

 

Am Tag darauf lernte ich, dass es außer den beiden Hauptreligionen in meiner Stadt auch Christengemeinden gibt, die mir bisher unbekannt waren. Da hatte mir der Himmel einen Wissenden gesandt, der mich zu neuen Ufern führte.

 

Der Gesandte des Herrn brachte mich, den sehnsüchtigen und vereinsamten Eremit zu einer Gemeinde mit vielen praktizierenden Christen und Christinnen. Einen liebenden Menschen hatte ich mir gewünscht, nur ein paar streichelnde Hände, und der Vater im Himmel reichte mir Seine Hand und führte mich zu Seinem Volk der Nächstenliebe. Noch wusste ich nicht, dass sich der Kreis der Kreise bald schließen sollte. Denn die Offenbarung, die Gott Seinen Knechten gibt ist noch nicht abgeschlossen.

 

Im Katholizismus finden wir bei einigen Textstellen die Bezeichnung: Die geheime Offenbarung. Selbst die Offenbarung des Johannes ist nicht geheim. Und schon gar nicht die vielen Privatoffenbarungen. Die Enthüllung göttlicher Dinge bezeichnet einerseits die Weise, in der Gott dem Menschen ein bestimmtes Wissen kundtut, andererseits den Inhalt der Kundmachung. Urheber einer Offenbarung ist immer das Numen. Die Schickung oder der Auftrag von Ihm. Zum klaren Beweis. Agitatio Concilio Ostentus Numen. Empfänger einer göttlichen Offenbarung sind begnadete Menschen. Viele dieser Begnadeten legen sich eine besondere Ausdrucksweise zu, die oftmals erst nach längerem Hineindenken begreifbar ist.

 

Hilf mir ein Geheimnis wahren, das mir jemand anvertraut. So viele Menschen sind nur darauf aus, verborgene Dinge zu erfahren um lieblos darüber zu reden. Hilf mir zu schweigen, wenn es mir schwer fällt. Lasse mich anvertraute Geheimnisse hüten wie ein großes Geschenk.

 

Bewahre mir ein freies Herz, damit jeder mir vertrauen kann. Denn Du bist es, der mir solche Menschen schickt und dem ich solche Liebe darf im Mitmenschen erweisen. So will ich auch um Deinetwillen ein Geheimnis wahren.

 

Es ist lächerlich, wenn die Ausplauderer von Geheimnissen ihre Hörer bitten, das keinem Anderen weiter zu sagen. Damit geben sie doch nur zu, dass sie selbst schon Unrecht getan haben. Wer den Anderen um Geheimhaltung bittet, der hätte selber schweigen sollen. Er hätte das Geheimnis noch wahren können. Nachdem es aber verraten ist, nützt es gar nichts, die Anderen um Geheimhaltung anzuflehen.

 

                                                     Johannes Chrysostomus

 

6  Der Seher

 

Eine verrückte Geschichte! Ich wurde verrückt. Ich wurde nicht geisteskrank, aber ver-rückt. Genau! Ich wurde von einem Ort an einen anderen Ort gebracht. Von einer weltlichen Dimension in die göttliche Dimension. Ich wurde neu geboren! Wem wundert es, dass ich wie einst Franz von Assisi Sonnengesänge anstimme und den Vögeln predige. Ich spreche mit dem Wind und mit den Wolken, richte meine Fragen an Sonne, Mond und Sterne und bekomme Antwort aus dem Universum. Mir wurde eine Geistsprache geschenkt und der Heilige Geist bewirkt in mir mehr als der Weingeist. Ich erzähle keine Geistergeschichten, sondern Geistgeschichten. Also:

 

Ein Sommertag, die Sonne scheint und die Menschen genießen den herrlichen Tag. Die schon bekannte milde, leise und liebliche Stimme meiner Seele bittet mich: ‚Komm ans Fenster’.

 

Ich gehe ans Fenster und schaue mit zusammengekniffenen Augen in die Sonne: „Guten Tag, liebe Schwester Sonne, wie geht es?“ An Sonnentagen rede ich viel mit Schwester Sonne. Heute werde ich zurückgegrüßt. Meine innere Stimme spricht: „Wir wollen dich von Bord des Raumschiffes aus grüßen! Ich sehe einen grellen weiß glühenden Punkt, der sich von der Sonne abhebt. Der Punkt hinterlässt eine Spur ähnlich eines Kondensstreifens von in großer Höhe fliegender Flugmaschinen. Die ‚Besatzung’ erzählt mir, dass sie vom Bermudadreieck kommen. Ich winke gen Himmel und beende unser dialogisches Verhältnis mit den Abschiedsworten: „Bis zum wieder sehen…kommt gut heim, grüßt den Himmel, bis demnächst!“ Das unbekannte Objekt verschwindet hinter der Sonne.

 

Jeden Morgen fliegt ein Flugzeug in großer Höhe über meine Klause. Es kommt von Südost und fliegt nach Nordwest. Ich kenne keine Flugrouten und mache meine eigenen Pläne: Lufthansa von München nach Frankfurt oder: Condor von Malaga nach Hannover, und so weiter. Immer das gleiche. An einem Sonntagmorgen ist es anders. Bereits als ich das Flugzeug erspähe, fühle ich mich in die Knechtschaft, will heißen, zu den Insassen des Sternenschiffes integrierend verbunden. In der Regel höre ich das gleichmäßige Summen der Düsen, das nach einigen Minuten nicht mehr wahrnehmbar ist. Der Überflug dauert meistens nur fünf Minuten. An diesem Sonntag sehe ich zwanzig Minuten lang in die Höhe und das ‚Gespräch an Bord’ ist Geheimnis. Es ist mir auch scheißegal, was in diesen zwanzig Minuten die neugierigen Nachbarn denken, die kopfschüttelnd an den Fenstern stehen: Der hat `ne Meise, was stiert er denn so lange in die Höhe?

 

Wunder oder Hirngespinste? Für mich gibt es weder das eine noch das andere. Ich wurde über alles Irdische gesetzt – in die Wunderwelt des immerwährenden Lebens. Hie und da überfliegt der Helikopter Christoph meine kleine Welt. Meistens wird er bei schweren Unfällen angefordert oder es muss eine gut versicherte Person vom Urlaubsort im Ausland zurück in eine Spezialklinik in die Heimat gebracht werden. Oder ein Transporthubschrauber der amerikanischen Freunde dröhnt im Tiefflug zur nahe gelegenen Air Base. Doch am heutigen Abend ist das durchdringende Geknatter so laut und kraftvoll, dass die Fensterscheiben zittern. Ich gehe zum Fenster und blicke in die Finsternis. Das Geknatter wird zu Donnerschlägen und ich meine, der Christoph oder der amerikanische Krachmacher müsste im Nachbargarten landen. Plötzlich ist der Lärm verstummt und ich vernehme den Radau nur noch als das Schnurren eines dösenden Kätzchens. Richtung Süden entfernt sich die Fugmaschine. Ich schaue den blinkenden Lichtern nach. Rot – weiß, weiß – rot. Der Hubschrauber müsste sein Ziel schon lange erreicht haben.

Ich öffne das Fenster und sehe immer noch die blinkenden Positionsleuchten. Nur das leise, schnurrende Motorengeräusch ist vernehmbar. Zehn Minuten, zwanzig Minuten, eine halbe Stunde!

 

Nach vierzig Minuten schließe ich das Fenster und amüsiere mich über die köstlichen individuellen Eingaben der Erleuchtung. Gespräche mit Geistwesen und anderen Engeln können sehr aufheiternd sein!

 

Meine Madame setzt sich zu mir auf das Sofa. Noch immer muss ich schmunzeln. Logo, dass sie wissen will, warum ich so dämlich grinse. Wahrheitsgemäß berichte ich ihr, dass heute die Englein mit ihrem Hofstaat im Hofbräuhaus etwas zu feiern hätten. Die Antwort hatte ich erwartet – das berühmte Zitat des Götz von Berlichingen. Nun muss ich doch von Herzen lachen. Im Gedanken schicke ich nochmals Grüsse zur illustren Gesellschaft des ‚Hub- raum- gleit- schrauber’. Und sie sollen auch den Bazi schön grüssen, wenn sie ihn treffen. Ja, ein Münchner Bier würde mir jetzt auch munden.

 

Ob meine Frau Gedanken lesen kann? Sie erhebt sich vom Kanapee und bringt mir zwei Flaschen dunkles Bier von der Hofbräuhaus- Brauerei zu München. Und sie säuselt mir in einen Ton der liebenden Gattin ins Ohr: „Damit du nicht immer das Einfache von V & S trinken musst“. Nun bin ich es, der überrascht ist! Ich danke meinem häuslichen Engel und nicht weniger den Engeln meines Herrn, deren Gruß die Überraschung komplett macht. Prost!

 

 ***

Was kein Auge gesehen und kein Ohr gehört und in keines Menschen Herz aufgestiegen ist, das hat Gott denen bereitet, die Ihn lieben. Uns aber hat Gott es enthüllt durch den Geist; denn der Geist erforscht alles, auch die Tiefen Gottes.

 

                                                        1 Korinther 2,9-10

Nicht weil es schwer ist, wagen wir es nicht, sondern weil wir es nicht wagen, ist es schwer

Seneca

 

7  Nachruf auf einen Knecht

 

 

Dieser Julitag ist einer der heißesten im Jahr der Kreise, Anno Domini 1988. Das Treibhausklima, das sich die Menschen selbst geschaffen haben, drückt auf die Seele und belastet das Gemüt und bringt den Organismus durcheinander. Die älteren Leute ringen nach Luft. Die Hersteller der Herzschrittmacher haben Hochkonjunktur. Ich habe mir nach dem arbeitsreichen Tag ein Entspannungsbad verdient. Während das Wasser in die Wanne läuft, schalte ich das Radio ein, denn heute ist Wunschkonzert. Da kommen die Lieder der Interpreten, die vielmals als Schnulzensänger betitelt werden, kostenfrei ins Haus.

 

Im Jahr 1988 lerne ich die Geistesgaben, die von Gott gegeben werden, zu verstehen. Das Frage- und Antwortspiel mit den Moderatoren und den singenden Wortauslegern funktioniert mittlerweile ohne Fehl und Tadel. Diese Gehirnsprache oder Sprache der Seele ist mit nichts vergleichbar und geht über das menschliche Denken hinaus. Für mich ist es eine ganz normale Unterhaltung von Geist zu Geist.

 

Am heutigen zwölften Juli kommt eine Sondersendung. Michael Jary ist in München gestorben. Er hat herrliche Instrumental- und Filmmusik hinterlassen. Ich mag am liebsten seine Schlagerlieder. Für die Knechte und Kinder der Trinität gibt es anstelle des Ablebens nur ein Durchgehen in die schönere, ewige Welt. Dorthin ist also Michael heute gegangen. Er schritt durch das Tor der Unsterblichkeit. Von dort aus grüßt er mich und alle ‚Offenbarte’ dieser Welt. Alles und Alle sind gegenwärtig.

 

Wäre ich nur ein besserer Erklärer! Man stelle den Schöpfergott, gleichsam Seinen Sohn Jesus Christus stets in den Mittelpunkt unseres Daseins. Alle Komponisten, Sänger, Sägerinnen und sonstige Melodienkünstler machen Gott ihre Aufwartung und singen nicht für ein geliebtes Männlein oder für ein verliebtes Weiblein. Ein Lied schöner als das andere. Eine Ehrerbietung für den Herrn.

 

Das Badewasser ist schon abgekühlt, doch die Verbundenheit des Diesseits mit dem Jenseits ist wärmer als der vergangene heiße Tag. Bei jedem Gesangsolisten und bei jeder Sängerin spüre ich die Gegenwart Jesu. Er selbst sendet dieses Wunschkonzert aus. Er selbst sendet einen Nachruf auf Seinen Knecht Michael aus. Eine große Heerschar Engel und Millionen Menschen sitzen vor den Rundfunkempfängern und erkennen das Wirken des Heiligen Geistes. Alle diese Heilspersonen wissen, dass der zur Erde gestoßene Lichtengel Luzifer keine Macht auf Erden mehr hat. Doch er hat Macht auf Erden, seinen Anhängern Hörner aufzusetzen. Also bemächtigt er sich den Seelen der Ungläubigen und der Götzendiener, indem er seine besten, ihm untertänige Verehrer als Werkzeug benützt.

 

Es ist kein Zufall, sondern ein Zeichen der Vorsehung, dass just in diesen heißen Julitagen im Jahr der Kreise ein treuer Vorkämpfer der Hölle, einer der besten und weltberühmtesten Satansdiener überhaupt, ein Konzert in der bayerischen Hauptstadt gibt. Das Olympiastadion ist schon längst ausverkauft. Auch er heißt Michael. Michael, der König der Verführten!

 

Und mein himmlischer Vater spricht zu mir: „Jetzt kommt der Auftritt der Gegenpartei!“ Welch ein Unterschied! Logischerweise hat auch der ‚Herr der Fliegen’, Beelzebub seinen Rundfunkauftritt.

 

Sein Gekreische über den Äther durchdringt Mark und Pein. Hass, Gewalt und Wut höre ich aus seinem Gesang. Andere Menschen lieben diese Rockmusik, sonst wäre es ja langweilig. Jedem so, wie er denkt. Auch im Fernsehen hat dieses Monster seinen Auftritt und er hat sein eigenes Ich dabei: Einen Affen! Welch eine Posse! Und Michael mit dem Hexagramm auf seiner Brust führt einen ruckenden und zuckenden Tanz auf, gleichsam seines vorgezogenen Totentanz. Abbadon tobt sich noch einmal aus. Heute ist er nicht nur über die Hölle gesetzt, sondern auch über die Erde.

 

Die beiden Sendungen der Himmelsmelodien Michael, Maximilian, Andreas Jarczyk, genannt Jary gegen die Melodien der Unterwelt, des Sohn des Jack unterscheiden sich wie Tag und Nacht. Und mein Chef der Ewigkeit sagt mir an diesem Abend der Musik, was Er einmal zu den Gottesleugnern sagen wird: „Euer Hohn sei euer Lohn, Ich kenne euch nicht“.

 

Lange war ich in der Badewanne. Das Wasser ist kalt und mich fröstelt. Während ich mich bettfertig mache, vergleiche ich gedanklich die Melodien der nie vergehenden, immergrünen Schnulzen und Schlager der Liebe mit den Gesängen der Lieblosigkeit und der erkalteten Herzen. Musik kann in die Höhe gen Himmel führen oder in die Grube der Erde. Vergesst die Hauptsache nicht, am Anfang war das Wort.

 

Gott weiß alles, was in einem Menschen vorgeht; Er kennt genau seine Gedanken und hört jedes Wort, das er spricht. Der Geist des Herrn erfüllt die ganze Erde; er umspannt alle Dinge, deshalb versteht Er auch alles, was ein Mensch sagt. Ihm entgeht es nicht, wenn einer böse Worte ausspricht, Er lässt die gerechte Strafe über einen solchen Menschen kommen. Vor dem Gericht Gottes werden seine innersten Gedanken aufgedeckt und seine Worte dringen bis zu Gottes Thron und rufen die Strafe auf ihn herab. Denn dem wachsamen Ohr des Herrn entgeht keine Silbe, auch das leiseste Flüstern überhört Er nicht.

 

Aus dem Buch der Weisheit

 8  Ein neuer Name

 

Viele Künstler unserer Zeit, besonders diese der singenden und schreibenden Zunft veröffentlichen ihre Werke unter Pseudonym. Diese Namensdeckung ist mitunter erforderlich, um seinen Leib und sein Leben nicht in Gefahr zu bringen. Im Allgemeinen soll der selbst gewählte Zweitname für die Verehrer wohl klingen und mitunter verdeckt die Namensverhüllung außergewöhnliche Familiennamen. Ausnahmefälle sind erworbene Namen, zum Beispiel Ordensnamen und verliehene Ehrennamen. Besser als alle diese Namen ist der gottgewollte Name. Beispiele findet man in den Büchern der Bibel genügend. Abram ist gleich Abraham und aus einem Saulus wird ein Paulus und Jesus Christus selbst gibt Simon den Namen Petrus. In der Regel werden Namen, vom Herrn gegeben, erst nach der Wiedergeburt bekannt, also nach dem Tod. Meistens nehmen die neu Getauften ihr Geheimnis mit ins Grab.

 

Kein Versiegelter wird über sein Allonym, Ananym oder Prenonym Auskunft geben. Die Bedeutung dieses Geschenks weiß nur Gott, und er wird es dem Beschenkten erst vor Seinem Thron erklären. Man bedenke, dass ich in jener Zeit meiner Namensgebung durch den Herrn weder von Mitknechten, von Archebauern, von Welterneuerern oder von anderen Pfingstlern wusste. Die unkanonischen Schriften der Bibel waren mir fremd, Propheten und Apostel interessierten mich nicht.

 

Als ich mit dem Malen der Offenbarungsbilder begann, noch vor dem Beginn des Schreibens, war mir nur klar, dass ich meine Exponate nicht mit meinem bürgerlichen Namen signieren wollte. Warum das so war, konnte ich mir nicht erklären, ganz Gescheite haben da den Ausdruck vom Bauchgefühl parat. Bauchgefühl ist bei mir das Knurren des Magens!

 

Ich fand das spanische Wort für ‚Säufer’ annehmbar oder auch zum Gegensatz zu den Kreuznägeln den ‚Hufnagel’. Ich phantasierte mir die wohlgefälligsten Synonyme und Scheinnamen zusammen. Erst am Tag der Schmerzen Marias im Jahre des Herrn, eintausendneunhundertsiebenundachtzig erkannte ich die Gottesbotschaft. So blieb das erste Bild meines neuen Lebens unsigniert. Das Seelenporträt der Mona Lisa 2000 wurde erst nach meinem ersten Krankenhausaufenthalt benannt. Erst danach sah ich die vier Buchstaben hell und klar des Nachts vor mir. „So sollst du dich heißen“, waren eine Seiner ersten Worte. Es war kein Trugbild und es war kein Traumbild. Erst nach dieser Vision oder wie auch immer man diese Erscheinung nennen will, vertiefte ich mich in die gesamte Bibel, das heißt: Es gibt keine geteilte Bibel in Neues Testament und in Altes Testament. Es gibt nur eine Bibel, ebenso wie es auch nur einen Gott gibt! Es ist der dreieinige Gott: Vater, Sohn und Heiliger Geist.

 

Ich begann mich für christliche Literatur zu interessieren und ich war geradezu süchtig nach allen evangelistischen Zeitschriften und nach den Erfahrungsbeichten großer Kirchenlehrer. Innerhalb kürzester Zeit lernte ich die Wunder und das Leben vieler gottgeweihter Personen kennen und begreifen. Wo mir das Begreifen schwer viel, hatte ich den besten Lehrer. Den Meister. Jesus Christus in den verschiedensten, menschlichen Wesen. Mein Herr schickte mir Seine Knechte. So kam ich auch zu dem Evangelisten Friedrich Schönemann und seinem Glaubenswerk: ’Stimme des Glaubens’. In einem Schriftwerk sah ich zum ersten Mal seine Signatur. Ich erschrak. Dieser Mann war bereits 1967 gestorben und unterschrieb bereits damals mit meinem Kürzel, das ich seit geraumer Zeit benützte:

Das stenografische Wort Acon mit einer eckigen Klammer zuvor, danach ein waagrechter Strich. Bei meiner Unterschrift fehlt nur die Klammer und an Stelle des Strichs ist ein Punkt. Nun war mir klar, dass mich Jesus Christus zu einem Seiner Botschafter geführt hatte. Ich las die Bücher und die monatlichen Zeitschriften aus Konstanz wissbegierig und als Bestätigung meines richtigen Handelns bekam ich noch ein Zeichen meines Herrn, Jesus. Ich hatte das besagte Büchlein zum wiederholten Mal durchgelesen. Erst jetzt wurde ich auf den Prediger Titus aufmerksam. Meine innere und nicht beschreibbare Stimme meiner Seele lieferte mir alles Wissen. Ich erfuhr über Weise und über Seher und über Titus. Nachdem sich Gott ihm offenbart hatte, nannte er sich Coan. Titus Coan, der Vorarbeiter Acons hat den Weg ins himmlische Jerusalem bereits hinter sich.

 

Damals, als ich den Wink des Allmächtigen Vaters begriffen hatte, schrieb ich gleich eines Omens im ‚Brief an Gary’: „Sein Wille geschieht, wenn Er will, gehe ich in die Wüste und predige den Skorpionen“. Damals war mir das Heilige Land ebenso fremd wie Kanaan, Jerusalem oder sonst eine Stätte im Land meiner Urväter. Ich kannte die Siegelträger nicht und ich kannte die zwölf Siegel noch nicht, die ich als Seinen Lohn für meine Treue bekam. Die Letzten aus dem Hause Abrahams und dem Hause der zwölf Geschlechter wissen, dass Seine Wiederkunft nahe bevorsteht. Alle, die an Ihn glauben, erkennen die Zeichen der Zeit und sind das Sprachrohr zu den Heiden. Und die Knechte des Herrn sprechen: „Rede Herr, Dein Knecht hört“. Und es werden auch Herrscher und Gewaltige der Welt und meines noch geteilten Vaterlandes sein, die die Zeichen des Herrn erkennen und die Schrift verstehen. Am Ende glauben sie! Dann sind sie den Heiden zum Licht gesetzt, bis an das Ende der Erde. Am Ende der Zeit wird es sein wie zu Noahs Zeiten. Sie fressen und sie saufen und sind die Diener ihrer Götzen. Sie sehen nicht das Menetekel und sie wollen die Warnzeichen der Natur nicht erkennen. Durch eine Sintflut aber wird nicht mehr gerichtet. Die Schrecken des Jüngsten Tages jedoch werden kommen auf einem Schlag. Der Seher von Patmos hat schon alles niedergeschrieben. Das Holz – die Holzdecke – die Sprache des Holzes und das Holz des Lebens sind die Gemeinschaft der Seligen unter dem roten Punkt der Sonne.

 

Denn Gott hat sich Seinen Knechten offenbart und ihnen gezeigt, was in Kürze sein wird. Er hat ihnen einen neuen Namen gegeben. Egal, wie wir Gott auch bezeichnen oder mit welchem Namen wir Ihn im Gebet anrufen, wichtig ist, dass wir an Ihn glauben. Ich, der dieses niederschreibt und einen neuen Namen von Ihm bekam, bezeugt die Worte des einzigen und wahren Gottes, die Er zu mir, Acon, sprach in den Tagen Seiner Offenbarung:

 

„Wichtig ist, dass wir an den Vater glauben und es genügt, wenn wir wissen, dass wir heimgehen zum Vater“. Zu mir sprach Er nicht: „Ich bin der Herr, dein Gott“, zu mir sagte er die Worte: „Es genügt, wenn wir glauben an den Vater“.

 

Die Bestätigung durch Jesus ist der Geist, der mir prophetische Worte eingibt. Stets bemühe ich mich, die Regeln meines Meisters peinlich zu befolgen, um mich für höhere Aufgaben zu empfehlen. So hat es vor nahezu zweitausend Jahren auch Johannes gemacht. Ziemlich am Anfang der Offenbarung an Johannes lesen wir die Worte: Am Tag des Herrn nahm der Geist Gottes von mir Besitz. Ich hörte hinter mir eine laute Stimme, die wie eine Trompete klang. Sie sagte: ’Schreibe das, was du siehst in ein Buch und schicke es an die sieben Gemeinden…’ Auch ich will mein Buch an die Weltgemeinde schicken – so Gott will. Für heute genügt es, wenn ich meinen Bericht abschließe und an dieser Stelle dafür das letzte Kapitel vom Buch der Bücher niederschreibe. Für alle Menschen, die es noch nicht gelesen haben:

 

Und er zeigte mir einen lautern Strom des lebendigen Wassers, klar wie ein Kristall; der ging aus von dem Stuhl Gottes und des Lammes. Mitten auf ihrer Gasse auf beiden Seiten des Stroms stand Holz des Lebens, das trug zwölf Mal Früchte und brachte seine Früchte alle Monate, und die Blätter des Holzes dienten zu der Gesundheit der Heiden.

 

Und es wird kein Verbanntes mehr sein. Und der Stuhl Gottes und des Lammes wird darin sein, und Seine Knechte werden Ihm dienen und sehen Sein Angesicht und Sein Name wird an ihren Stirnen sein. Und wird keine Nacht da sein, und sie werden nicht bedürfen einer Leuchte oder des Lichts der Sonne, denn Gott der Herr wird sie erleuchten und sie werden regieren von Ewigkeit zu Ewigkeit.

 

Und er sprach zu mir: Diese Worte sind gewiss und wahrhaftig; und der Herr, der Gott der Geister der Propheten hat Seinen Engel gesandt, zu zeigen Seinen Knechten, was bald geschehen muss. Siehe, Ich komme bald. Selig ist, der da hält die Worte der Weissagung in diesem Buch. Und ich bin Johannes, der solches gesehen und gehört hat. Und da ich es gehört und gesehen, fiel ich nieder, anzubeten zu Füßen des Engels, der mir solches zeigte.

 

Und er spricht zu mir ‚Siehe zu, tu es nicht, denn ich bin dein Mitknecht und deiner Brüder, der Propheten und derer, die da halten die Worte dieses Buches. Bete Gott an! Und er spricht zu mir ‚Versiegle nicht die Worte der Weissagung in diesem Buch; denn die Zeit ist nahe. Wer böse ist, der sei fernerhin böse und wer unrein ist, der sei fernerhin unrein; aber wer fromm ist, der sei fernerhin fromm, und wer heilig ist, der sei fernerhin heilig. Siehe, Ich komme bald und Mein Lohn mit Mir, zu geben einen jeglichen, wie seine Werke sein werden. Ich bin das A und das O, der Anfang und das Ende, der Erste und der Letzte.

 

Selig sind, die Seine Gebote halten, auf dass sie Macht haben an dem Holz des Lebens und zu den Toren eingehen in die Stadt. Denn draußen sind die Hunde und die Zauberer und die Hurer und die Totschläger und die Abgöttischen und alle, die lieb haben und tun die Lüge. Ich, Jesus, habe gesandt Meinen Engel, solches euch zu bezeugen an die Gemeinden und Ich bin die Wurzel des Geschlechts David, der helle Morgenstern’. Und der Geist und die Braut sprechen: Komm! Und wer es hört, der spreche: Komm! Und wen dürstet, der komme; und wer da will, der nehme das Wasser des Lebens umsonst’.

 

Ich bezeuge allen, die da hören die Worte der Weissagung in diesem Buch: So jemand dazusetzt, so wird Gott zusetzen auf ihn die Plagen, die in diesem Buch geschrieben stehen. Und so jemand davon tut von den Worten des Buches dieser Weissagung, so wird Gott abtun sein Teil vom Holz des Lebens und von der heiligen Stadt, davon in diesem Buch geschrieben ist.

 

Es spricht, der solches bezeugt: Ja, Ich komme bald. Amen, ja komm, Herr Jesu!

 

Die Gnade unseres Herrn Jesu Christi sei mit euch allen! Amen.

                                                                                                        

                                                 Offenbarung des Johannes, 22 Kap.

 

9  Das Holz und der rote Punkt

 

 

Nun war Jesus Christus in mein Leben getreten und ich war immer noch nicht in der Lage, das Übernatürliche zu begreifen. Wer Stimmen hört, der sieht auch weiße Mäuse, sagt der Volksmund. Nur Alkoholiker sehen weiße Mäuse, sagt der Arzt. Und wer den geöffneten Himmel sieht, gehört in die Klapsmühle, sagt meine Frau. Und ich sage, ich wurde in die richtige Lage zu Gott verrückt, deshalb bin ich ein Verrückter.

 

Und Jesus in meiner Seele spricht: „Du siehst doch den roten leuchtenden Punkt an deinem Fernsehgerät. Jedes Mal, wenn du den Kasten einschaltest, brennt das rote Lämpchen. Alle die da drinnen in Bereitschaft sind, dir zu berichten, so berichte Ich dir auch. Mit dem Unterschied, das du mich alles fragen kannst und ich dir immer antworte. Das kleine Licht ist für dich das sichtbare Zeichen, dass ich zugegen bin. Wenn dir das Begreifen schwer fällt, denk doch wie ein Kind, der rote Punkt sei die Sonne. Werde noch kindlicher und denke, Ich sei das glimmende Licht. Geht dir nun ein Licht auf?“ Da begreife ich und muss lachen.

 

Spaßig und voll Übermut sage ich zu meiner Frau: „Siehst du den roten Punkt am Fernseher? Das ist der liebe Gott!

 

Der Tag ist gelaufen! Hader und Streit sind gesät. Zum Donnerwetter, warum konnte ich mein zügelloses Maul auch nicht halten! Unterhaltung mit Gott über die Mattscheibe und wirres Zeug daherreden. Zusätzlich halte ich noch Selbstgespräche. Ich bin ja in alles Geschehen der Übertragungen eingeschlossen. Ob die Korrespondenten nun von einer Zuchtsau oder von einem Zuchtochsen einer Tierschau berichten oder ob ein Sänger oder ein Zauberkünstler in einer Unterhaltungssendung auftreten, immer bin ich das dominierende Geschöpf. Sogar der Kapitän auf dem Traumschiff bin ich.

 

Wie sonst sollte mir Gott das Göttliche erklären? Dazu noch die Stimme im brennenden Herzen: „Du siehst Menschen und Tiere. Auf Erden werden sie geboren und verfallen einmal zu Staub. Auch deine Hülle wird einmal zu Staub, denn deine Seele geht ja den direkten Weg zu Mir. Bei Mir wirst du alle Formen des Lebens annehmen können. Nach dem irdischen Tod bist du nicht Mensch, sondern ein Wesen des Geistes, sichtbar nur für deines gleichen. Du bist stets, was du dir einbildest, die Umwandlung vollzieht, der dich erschaffen hat“.

 

Bei solchen Nachrichten muss man unweigerlich Fragen stellen. Und ich stelle sie manchmal zu laut, so dass mich meine Frau schon wieder drohend ansieht. Herrlich, dieses Leben in der Ewigkeit. Da kann man es aushalten. Wenn ich in die Luft gehen will, wie das Männchen in der Zigarettenwerbung, weil ich so aufgeregt bin, schaue ich schnell auf den roten Punkt und beruhige mich. Zu unbegreiflich, unmenschlich also sind Seine Worte, die mich auf die paradiesischen Zustände vorbereiten. Da passiert eines Abends das Unbegreifliche:

 

Das Pendel meines Zweifels beginnt heftig zu schwingen und ich nenne meinen Herrn und Gott, meinen geliebten Himmelvater, laut und deutlich vernehmbar ein Arschloch. Meine Frau neben mir zuckt zusammen und fragt: „Wie bitte, was hast du gesagt?“ Ich halte mir vor Schreck den Mund zu und entschuldige mich beim Himmelvater. Der lacht genüsslich. Er rügt mich nicht wegen der Beleidigung. Er lacht und sagt lakonisch: „Wenn Ich ein Arschloch bin, dann bist du auch eines, du bist ja mein Kind“. Da lache ich ebenfalls. Nicht so mein angetrautes Weib. Gefährlich leise fragt sie mich:

 

„Mit wem redest du denn da?“ Ich: „Mit dem lieben Gott“. Da ruft sie die Kinder aus ihren Zimmern und erklärt ihnen: „Der Vater ist krank“ und alle drei Familienangehörige sind sich einig: Der Vater spinnt! Doch der rote Punkt bleibt meine Verbundenheit mit dem Himmel, mit Ihm. Zum Beispiel bekomme ich Post von einem Verlag. Es handelt sich um eine Aushilfsstellung als Pförtner. Als Logo prangt der rote Punkt auf dem Kuvert. Täglich wäre ich zwei Stunden auf dem Arbeitsweg, Arbeitszeit von morgens sechs Uhr bis acht Uhr. Ich müsste das Werktor aufschließen, Waren annehmen und nach dem letzten Lastwagen das Tor wieder schließen. Die Bezahlung ist miserabel. Ich rechne meine Unkosten aus und mir bleiben im Monat zweiundzwanzig Mark übrig. Meine Frau ist sauer, ich bin sauer und mein Gott ist sauer. Mit dem roten Punkt erklärt Er mir ohne viel Worte: Dieses Angebot ist unwürdig und es ist die Ausbeutung menschlicher Arbeitskraft.

 

Gottes Wort in meinem Ohr – Sein Wort in meinem Hirn und im Herzen: “Ich bin immer bei dir, wo du auch bist“. Der rote Punkt auf dem Fernseher, auf dem Video, auf dem Briefkuvert, auf dem Firmenlogo, auf dem Schreibgerät, auf der Taxiuhr, auf dem Armaturenbrett, auf dem Fotoapparat und Gott weiß, wo noch. Er ist mein Fixstern!

 

Wenn ich heute, ein Jahr später zu meiner Frau sage, der rote Punkt, gleich Jesus Christus, beschützt mich, ruft sie weder nach dem Hausarzt noch nach sonst wem. Der Vater ist bei mir und ich spreche Seine Sprache. Er ist ständige Gegenwart.

 

Er ist auch das Holz meiner Hütte!

 

Ich verstehe die Sprache des Holzes. Wenn ich wieder einmal, wie so oft, das Heil des Zusammenwirkens des Allmächtigen mit dem Erlösten nicht fassen kann, spricht der Vatergott durch das Holz mit mir. In diesem Fall ist das Holz meiner Zimmerdecke gemeint. Und Er lehrt mich bildhaft, um das Gehörte zu speichern:

 

„Du wohnst in deiner Hütte ganz oben. Du bist höher gesetzt als alle Anderen. Über dir bin nur noch Ich“.

 

Über mir ist der Abstellboden und vom Speicher mit dem massigen Dachstuhl trennt mich nur die hölzerne Decke. Diese knarrt und knistert im Augenblick, als würden dort oben tausend Rauschgoldengel tanzen. Danach höre ich schwere Tritte über mir, als würde jemand den langen Speichergang behäbig hin und her spazieren. Ja, ich kapiere nun, Herr! Das Gebälk stöhnt wie bei einen kräftigen Unwetter und ich fühle die schwere Kraft, die über mir das ganze Dach zum Zittern bringt. Ich bekomme Gänsehaut, so nahe war mir mein Herr noch nie. Er wird doch nicht die Treppe zu mir herab schreiten? Dennoch war ich in den Tagen der Offenbarungszeit froh, dass mir mein Herr so nahe war. Und Er blieb und bleibt es!

 

Meine Frau hört die lautstarken Geräusche über uns genauso wie ich, sie legt sie nur anders aus: „Die Decke fällt uns bestimmt nochmals auf dem Kopf. Schau nur, wie sie schon durchhängt. Dieses Geknarre geht einem ja auf die Nerven“. Da kann ich mir nicht verkneifen, zu scherzen und sage: „Egal, solange dir der Himmel nicht auf den Kopf fällt…!“ Sie gibt mir daraufhin den Rat, ich solle nicht so viele Asterix und Obelix- Geschichten lesen.

 

Doch meine Kommunikation mit dem Holz ist seither perfekt. Und wenn ich mich manchmal alleine fühle, warte ich auf das Reden von oben her.

 

Es tröstet mich und gibt Hoffnung in allen Lebenslagen. Zuförderst sollen wir aber an das Holz des Kreuzes glauben, an dem unser Herr, Jesus Christus, sich für unsere Sünden hingegeben hat. Wenn wir Menschen der Vergänglichkeit nicht an Gottes Existenz glauben wollen, wenn wir die Zeichen, die Er uns gibt, nicht verstehen wollen und wenn wir weiterhin Seine Schöpfung mit Brachialgewalt zerstören, werden wir unweigerlich ohne Wiederkehr in die Grube fallen.

 

Wenn wir der Bibel, Gottes Wort an Seine Propheten, nicht glauben wollen, so werden wir in Ewigkeit auf Erden herumexperimentieren und dienen. Die Wissenschaft bringt uns nicht ins Himmelreich. Die Suche nach anderen Zivilisationen im Kosmos wird weiterhin ergebnislos verlaufen. Der Mensch ist nicht im Kosmos allein, sondern in seinem Sonnensystem. Was nützt denn schon ein Hüpfer zum Mond oder zum Mars oder zu den anderen erdnahen Planeten? Der Mensch ist erdgebunden wie ein Floh. Gottes Herrschaftsbereich sind die unendlichen Sonnen- und Sternensysteme weit hinter Virgo und Andromeda. Dort gibt es sehr wohl Lebewesen. Sie senden keine Radiosignale aus und sie lassen sich nicht orten. Es sind Wandler und sie können sich verwandeln. Es sind Engel und Wesen in Gottes Welt. Die Beobachtungsinstrumente der Astrophysiker sind null und nichtig. Im All herrscht Schweigen, jedenfalls für die Menschen. Dieses Schweigen können die Menschen nur durchbrechen, indem sie mit dem Schöpfer des Alls reden. Und dieses Reden nennt man Beten. Betet ohne Unterlass. In Seine Hände empfehle ich mich.

 

Gebet: Herr, so viel hast Du mir heute gegeben. Immer warst Du bei mir mit Deiner Liebe und Güte. Meine Wege hast Du gelenkt und meine Seele vor Unglück bewahrt. Mit meinen Schwächen hast Du Erbarmen gehabt und mir überall geholfen. Ich danke Dir für Deine große Vatergüte.

 

Vergib mir alle Nachlässigkeiten in Gebet und Arbeit und wo ich gefehlt habe durch Lieblosigkeit, mangelnder Rücksicht auf Mitmenschen und durch Unlauterkeit im Reden und Tun. Gib mir wieder Kraft und guten Willen, den Weg Deiner Gebote zu gehen. Du bist ja mein Ziel, die Erfüllung meines Lebens.

 

In Deine Hände empfehle ich mich. Wie ich mich unbesorgt dem Schlaf hingebe, so will ich voll Vertrauen alles Dir überlassen: Mein ganzes Leben, mein Denken und Sinnen, mein Sorgen und Arbeiten. Hast Du mich heute gesegnet, so wirst Du mich auch morgen segnen. Darauf vertraue ich, und dafür danke ich Dir.

 

Nur durch die Hoffnung bleiben wir allezeit bereit, immer wieder neu zu beginnen.

 

                                                            Charles Péguy

 

 

10     Das neue Mitglied

 

 

 

Heute haben wir den Namenstag von Victor, Gereon, Kassius und Florentinus im Jahr der Kreise. Ich war erst einige Wochen bei der neuen Freien Christengemeinde in Langwasser, der Trabantenstadt im Süden Nürnbergs. Probehalber gehe ich hin, sagte ich zu Hause. Am Vorabend wurde im Gottesdienst bekannt gegeben, dass eine Mitschwester gut erhaltene Winterkleidung für Bedürftige in Polen sammle. Sie fahre demnächst dorthin. Obwohl ich Anfang Oktober noch kein aufgenommenes Mitglied der FCL bin, erlaube ich mir, heute die Sammlerin anzurufen. Ich frage sie, ob sie an einem Karton, voll mit gut erhaltenen Mäntel und Kinderkleidung Verwendung hätte.

 

Welch eine Frage, selbstverständlich! Und es macht ihr auch nichts aus, dass ich schon am frühen Morgen um neun Uhr anrufe. Sie redet gerne. Sie schnattert mir etliche banale Neuigkeiten vor und ich erfahre ganz nebenbei, dass sie schon lange auf den Beinen ist und somit schon eine Zeit lang arbeite.

 

Eine Stunde später läute ich an ihrer Haustüre. Geraume Zeit öffnet niemand. Ratlos stehen mein ältester Sohn Dieter und ich, wie zwei Ochsen vor dem Futtertrog davor. Sie muss doch hier sein, wo wir quasi herbestellt sind. Nochmals drücke ich auf den Klingelknopf. Nach kurzem Warten summt der Türöffner. Beide gehen wir mit unseren großen Umzugskarton die Treppe hoch. Eine verschlafene Schwester reibt sich die Augen, wo sie doch am Telefon so munter daherredete. Sie hat sich über ihr langes Nachthemd einen festen Morgenmantel übergezogen.

 

Schnell ist sie munter und staunt über den großen Karton. „Das ist aber viel, und das verschenken sie alles?“ Deshalb bin ich doch gekommen.

 

„Ich habe sie gestern abends zum ersten Mal gesehen, sind sie neu in der Gemeinde und ist ihr Sohn auch ein neues Mitglied?“

 

Ich erkläre ihr, dass ich noch kein Mitglied bin, da die jährlichen Aufnahmen erst zu Weihnachten sind und dass mein Sohn sich nicht für die Gemeinschaft der frohen Botschaftsverkünder interessiert. Zu dieser Zeit bin ich weder in einem Hauskreis, noch in einem Brüderrat vertreten, ich bin mit keinem Ehrenamt belegt und ich evangelisiere nicht einmal im Kindergarten. Nur als praktizierender Christ und Heiligenverehrer besuche ich die freien Christen von Langwasser. Jesus ist mein Herr und mein Gott!

 

Meine klare Ausdruckweise gefällt ihr nicht. Hinter ihren starken Brillengläsern kann ich zweifelnde Blicke erkennen. Sie schweigt. Wieso hat sie mich erst gestern zum ersten Mal gesehen, wo ich doch schon seit mehreren Wochen zum Gottesdienst komme. Misstrauisch ist sie, sagt mir meine innere Stimme. Sie kann nicht nachvollziehen, dass ein Heiligenverehrer und ein Gottesmutteranbeter sich ins Langwasser- Haus der FCL verlaufen hat. Sie ist immer noch sprachlos.

 

Ich bin also kein evangelischer Christ, mit den Katholiken muss sie vorsichtiger reden. Deshalb überlegt sie kurze Zeit, sagt mir mein innerer Erklärer. Wie will ich denn meiner neuen Bekanntschaft erklären, dass mich kein Mensch, sondern mein Gott, der Vater, durch Jesus Christus selbst ins Missionsgebiet nach Langwasser geschickt hat? Ich erinnere mich der Zeit, als ich hier um die Ecke wohnte. U-Bahn Endstation.

 

Einst zog ich von hier in die Welt hinaus, um bei den ‚weißen Mäusen’ in Torremolinos Luzifers sinnloses Verlangen zu erleben. Frau und Kinder vergaß ich, bis mich im preußischen Ausland im Teutoburger Wald das Schlaglicht Jesu Christi traf und die 180° - Wende bewirkte. Nun hatte Er mich als Sein Geheimnisträger zurückgerufen.

 

Es wäre sinnlos gewesen, der neuen Mitschwester meine Gottverbundenheit zu erklären. Ob sie mir am Telefon doch nicht so recht glaubte und sich deshalb wieder auf ihr Ohr gelegt hat? Nun redet sie wieder und will über das neue Mitglied so viel wie möglich erfahren:

 

Was haben sie getan und was arbeiten sie jetzt? Von was leben sie eigentlich und warum kamen sie ausgerechnet in unsere Gemeinschaft? Warum kommen sie nicht mit ihrer Frau zu uns, oder sind sie geschieden? Ohne Zweifel habe ich eine religiöse Frau vor mir, mehr bigott als gläubig. Wie sollte ich ihr glaubhaft versichern, was ich in meinem ersten Leben schon alles getrieben hatte?

 

Meine Lehrjahre in Erbendorf hatte ich erfolgreich beendet und war im Anschluss Friseur in Weiden und in Essen, in Oberviechtach und in Grafenwöhr bei den amerikanischen Freunden. Dann schulte ich um, weil ich mittlerweile verheiratet war und wurde ‚Spezialist im Blitzableiterbau’ und Prüfer von elektrischen Anlagen. Viel zu sehen bekam ich als Chauffeur bei einem Waschmaschinenvertreter. Das Autofahren war eine Sucht, dennoch wurde ich wieder sesshaft und kutschierte als Taxifahrer in Nürnberg die Eierköpfe aus Übersee, denen ich einige Jahre zuvor kräftige Scharten in ihre Negerkrausen geschnitten hatte. Vom Haarkünstler stieg ich zum Taxiunternehmer auf und verbesserte mich zusätzlich zum Cafehausbesitzer und zum selbständigen Wirtshauspächter und hatte ganz nebenbei noch Zeit, die Blitzschutzanlagen, die ich einst gebaut hatte, im Turnus zu überprüfen. Sollte ich diese „Berufe“ alle preisgeben? Dann müsste ich dem neugierigen und dem zweiflerischem Weib auch sagen, dass ich ein Leutebetrüger vom Norden bis zum Süden und von Ost bis West war. Ich war ein fleißiger Quittungsschreiber und beschiss, wo ich nur konnte. Meine unseriöse Arbeitsweise beschied mir zwar einen kleinen Wohlstand, doch das unrechte Gut brachte mich immer weiter von Gott weg. Sollte ich ihr mein Luderleben erzählen?

 

Mein Gegenüber hätte die geschenkten Kleidungsstücke mit Sicherheit abgelehnt. Konnte man bei einem solchen Angeber denn sicher sein, ob er da keine Hehlerware ins Haus schleppte?

 

Ich sage ihr, dass ich male und schreibe, und wie sie, ein Diener unseres Herrn bin. Sie stellt fragend fest: „Vom Malen und vom Schreiben kann man ebenso wenig leben, wie vom Dienen. Wo dienen sie denn, und wem?“ Sollte dieser Phantast ein gläubiger Christ sein?

 

Jetzt bin ich an der Reihe. Ich rede über wissenschaftliche Dinge, von den klugen Beiträgen in ‚Peter Moosleitners interessantem Magazin’, von der ‚Stimme des Glaubens’, von Bibelforschern und von Ordensgründern. Ich erzähle ihr, dass ich evangelisch und katholisch getauft bin und mich auch um andere Glaubenskinder, besonders die von Sektenmitgliedern verführten kümmere. Zum Schluss meines Vortrags werde ich etwas lauter und sage ihr bestimmend:

 

„Ein Christ ist ein Jemand, der den auferlegten Willen Jesus Christus befolgt und ausführt!“ Das sitzt! Nun brauche ich ihr nicht mehr erzählen, dass ich die Bibel von vorne bis hinten kenne und dass Er mit mir und in mir lebt.

Weil ich schon dabei bin, erzähle ich ihr von Seinen Offenbarungen, die Er mir gab:

 

„In dieser Offenbarungszeit war ich Daniel in der Grube, ich war Hiob, ich war Johannes und ich vernehme stetig des Herrn Stimme hinter meinem Herzen“. Ich erzähle ihr von meinen Visionen und von den Zeichen der Zeit und versuche, ihr das Jahr der Kreise, wie ich das Jahr 1988 nenne, plausibel zu machen. Helga – so ihr Name will mehr wissen. Gerne: In den von mir genannten Jahren wird Gott Zeichen setzen, prophetische Aussagen werden sich erfüllen. In diesen Jahren wird sich das Gesicht der Erde verändern, denn die Menschen in ihrer Gottlosigkeit haben die Erde bereits kaputt gemacht. Nur die Auswirkungen werden auf einen Tag kommen.

 

„Stellen sie sich vor, sie rollen einen großen, schweren Stein einen Berg hinauf. Dazu brauchen sie Jahre oder Jahrzehnte. Oben angekommen werfen sie diesen Koloss die senkrechte Wand auf der anderen Seite hinab. Das dauert Sekunden!“

 

Das ist klar wie Fleischbrühe.

 

Ich rede der Frau Helga aber zu viel Zeug daher, das nicht in der Bibel steht. Das kann und will die Gemeindeschwester nicht begreifen. Ab jetzt wechselt sie von ihrer wohl geformten Sprache in feinsten Nürnberger Dialekt über. Mein Sohn hat sich während unserer Unterhaltung stillschweigend aus dem Staub gemacht. In den nächsten zehn Minuten komme ich nicht mehr zu Wort.

 

Ich höre vom Tempelbau und von David und von den scheinheiligen Katholiken und von den falschen Pharisäern anderer Scheißkonfessionen. Es ist ja allerhand, dass sich Jemand, der neues Mitglied ihrer Christengemeine werden will, mit Urknall und Atomen und anderen unwichtigen Dingen beschäftige. Ich habe mich an den biblischen Büchern zu orientieren und ich habe als Mitglied der FCL die Aufgaben, die Botschaft zu verbreiten. Und nochmals: Die Bibel ist die Wahrheit und sonst nichts! Vom Jahr der Kreise und von einem Offenbarungsjahr steht nichts darinnen. Wem sagt sie das! Zum Ende dieser Standpauke gibt mir Helga den Rat, ich solle heute Abend unbedingt in die Frankenhalle gehen, da hält der wunderbare Ulrich Parzany einen Vortrag. Ich verabschiede mich und schreite die Steinstufen hinunter. Sie ruft mir laut hinterher:

 

„Und vergessen sie auf keinen Fall den wunderbaren Parzany und wenn sie nicht hingehen, so schicken sie wenigstens ihren Sohn hin…und kommen sie zur nächsten Bibelstunde und bringen sie ihre Frau mit!

 

Zum Vortrag in die Frankenhalle ging ich, die empfohlene Bibelstunde ließ ich ausfallen und zu den Hauskreisen der ‚Aufgeweckten’ habe ich weder Verhältnis noch Bedarf. Drei lange Jahre war ich Besucher und Zuhörer im Gemeinschaftshaus. Mitglied wurde ich trotzdem nicht. Gott, mein Herr und mein überirdischer Lehrer hatte Anderes mit mir vor und schickte mich nach siebenjähriger Klausur in Abgeschiedenheit in Sein Land.

 

 

Am Weitesten blickt man, wenn man nach innen blickt.

 

                                                                                                                                                                                                             Ezra Pound

 

 

11                   Was geschrieben ist, das bleibt geschrieben
 

Wer stand nicht schon einmal an dem Punkt, wo er das Handtuch werfen wollte. In Situationen, wo man auf sich alleine gestellt ist und keinen Ansprechpartner oder einen Helfer hat, stagniert alles.

 

Nehmen wir einmal einen Minister der gerechten Sorte als Beispiel: Er hat eine geniale Idee, eine Eingebung von oben her und will in einem Teil des ärmsten Landes im armen Afrika zwölf Brunnen bohren lassen. Das kostet nicht mehr als in seinem Land seine gepanzerte Dienstlimousine. Er unterbreitet seine Wunschvorstellungen seinem Chef, dem Präsidenten. Berater werden hinzugezogen, wenn möglich werden noch Gutachten von besonders schlauen Wirtschaftsweisen und noch weiseren Experten eingeholt. Alle sind anfangs begeistert, bis man feststellt, es müsste dazu ein Gesetz verabschiedet werden, um das Vorhaben bundes- und landes- vorschriftlich zu verantworten. Bis das Gesetz reformiert ist, sind die meisten Befürworter bereits wieder abgefallen und der Minister ist allein wie zum Anfang. Hätte man das Geld für die Beraterstäbe und die Unkosten aller anderen überflüssigen Ausgaben gleich für die vom Minister angestrebten Ziele verwendet, hätten die Dürstenden im afrikanischen Busch zwei mal zwölf Brunnen! Der Minister hat keinen Helfer mehr, ist wieder auf sich alleine gestellt und wirft das Handtuch.

 

Ebenso ergeht es dem Wissenschaftler der gerechten Sorte, der immer und immer wieder zum Umdenken und zum Handeln aufruft: „Ihr macht die Welt kaputt, stoppt das Abholzen der Regenwälder; haltet ein mit dem Vergiften der Weltmeere; zerstört nicht die Lufthülle; verbietet das verbrecherische Gewinnstreben der Wirtschaftsbosse“, und so weiter. Auch hier sind seine Kollegen anfangs begeistert und klatschen Beifall. Da wagt sich einer auf Neuland, wir müssen handeln und die guten Projekte in die Tat umsetzen. Schon regt sich der Unmut unter denen, die ihr Unrecht nicht wahrhaben wollen. Die Gegner protestieren: „Dieser verblendete Biologe will alles ins Gegenteil verkehren, so radikal kann man das nicht angehen! Wir lösen das Problem auf unsere gewinnbringende Weise“ Auch dieser Wissenschaftler ist machtlos und steht einsam und verlassen da. Unmöglich, gegen den Strom zu schwimmen, ohne sich der Lächerlichkeit preiszugeben. Der gute Vorschlag verschwindet in der Schublade und der Gerechte ist wieder allein. Er wirft das Handtuch.

 

Es wäre schlimm, gäbe es im Ring des Lebens nur Handtuchwerfer. Zu allen Zeiten gab es auch Menschen, die sich dem Vertrautesten und dem Liebsten entsagten und sich nicht in den Sog des Bösen hineinreißen ließen. Sie sprechen und verstehen die Sprache des Herrn und müssen dennoch Zweifel überbrücken, manchmal erst kurz vor dem Ziel.

 

Die ‚Vier Tage der Verklärung’ *) waren vorüber und ich fühlte mich allwissend, hatte mich der Herr doch in die Vierte Dimension versetzt. Ich lebte nach Seinen Anleitungen und richtete mein Leben nach Seiner Richtschnur aus, nicht nach den irdischen Vorschriften. Üble Nachreden und geschwätzige Nachbarn konnten mir nichts anhaben. Voll Energie und Tatendrang begann ich, das Offenbarungsbild: ‚Komm, Herr Jesu’ zu beschreiben.

 

Ich fühlte mich in die Zeit zurückversetzt, als Er auf Erden weilte und vor einer großen Menschenmenge sprach: „…Wer nicht für Mich ist, der ist gegen Mich, und wer nicht mit Mir sammelt, der sammelt für den, der gegen Mich ist“. Für mich ist Er gegenwärtig und ich bin einer Seiner Jünger. Wie oft war ich nur der Ausführende Seiner Eingebungen.

 

*) Bildbeschreibung zum Offenbarungsbild: Sterne und Knechte

Auch bei diesem Gemälde führte ich die Anleitungen Seiner Herzenssprache aus. Doch was hatte ich hier für verrückte Dinge skizziert? Kein Gottesknecht unter den Aposteln oder den Evangelisten würde dieses kindhafte Gekritzel mit den Bildern der Bibel, wie sie die alten Meister gemalt haben, vergleichen wollen. Grenzte es nicht an Okkultismus, was ich hier auf das Holz gezeichnet hatte? Reichte es nicht schon, dass ich unglaubliche Geschichten vom Himmel und von erneuerter Erde schrieb? Grenzte es nicht schon an Gotteslästerung, welche Höllengestalten ich mit Jesus in Verbindung brachte? Sollte mir der Allmächtige tatsächlich die Sinne verwirrt haben?

 

Mein Erstgeborener hatte, da der häusliche Haussegen sowieso schon schief hing, einen Teil meiner Schriften vernichtet. Die Familie machte es mir verdammt schwer. Bekannte und Verwandte mieden mich. Was hatte mein überirdischer Dolmetscher ‚Seiner’ Sprache mit mir vor. Wollte Er mich auf Kanaan vorbereiten? Sollte ich mein halb beendetes Werk ins Feuer werfen? Ich hatte tausend Fragen an Ihm, doch die Direktleitung nach oben war unterbrochen. Zu allen menschlichen Hindernissen kam jetzt womöglich die himmlische Teilnahmslosigkeit noch dazu? Ich war mal wieder auf mich selbst gestellt und wollte mit Allem Schluss machen. Ich vermisste das Streicheln meiner Seele und die Stimme hinter meinem Herzen. Das Gefühl der Seligkeit hatte mich verlassen und ich war ratlos. Also aufgeben? Ich will ja nicht das Handtuch werfen, aber den Artikel will ich vernichten. Ich will die vom Herrn, Jesus, eingegebene Sprache in eine menschliche Sprache mit ‚klugen’ Fremdwörtern abändern. Ich will nicht phantasieren, nein – ich will philosophieren. Menschliche Klugheit ist gleich menschliche Dummheit! Alles ändern, nehme ich mir vor. Ich will den Weg der Vernunft verlassen. „Aufhören“ schreit die Unvernunft.

 

Drei Monate Pause lagen vor mir. Gary hatte mich gebeten, einige Schichten zu fahren. Das traf sich gut. Das Arbeitsamt hatte die Zahlungen eingestellt, die Raten und die Haushaltskosten trieben mich in die roten Zahlen und die Schulden in die Höhe. Abends stierte ich auf den roten Punkt des Fernsehers und vermisste das Knarren der Holzdecke. Wenn meine Frau schlief, ging ich in meine Klause, um nachzulesen, was ich vor einiger Zeit im Stadium höchster Entzückung niedergeschrieben hatte. Es war doch richtig, das entehrte Kreuz und das erhöhte Kreuz aufzuzeichnen. Die innige Verbundenheit zwischen mir und Jesus bestand doch noch? Alles, was ich formulierte sollte noch bestehen, wenn alles Andere bereits vermodert ist. Oder war es Gottes Wille, dass meine fast tausend Seiten mystischer Erfahrungsberichte mit den Gang der Zeiten unbedeutend würden?

 

Drei Monate verlorene Zeit! Ich wollte zum ersten Mal einen Teil meines geschriebenen Wortes nicht nur abändern, ich wollte das spirituelle Werk eigenhändig vernichten.

 

Plötzlich verspürte ich die aufwallende Wärme in mir, auf die ich so lange sehnsüchtig wartete. Mein Herr und mein Gott! Er redete mit mir im ‚Heiligen Zorn’:

 

„Hast du Zweifel an Meinen Worten? Glaubst du, Ich hätte dich verlassen? Ich bin da, nur Ich bin über dir, hast du das vergessen? Bei dem Ich eingekehrt bin, den verlasse Ich nimmer mehr und die Sünde ist erloschen“.

 

„Nein, geliebter Abba, nein, nein! Ich zweifele nicht!“

 

Dann höre ich die mahnenden Worte: „Was geschrieben ist, das bleibt geschrieben“.

 

Ich lausiger Erdenwurm hatte noch nicht gelernt, dass die Geduld eine schwere Tugend ist. Und ich verstand die Botschaft wohl, die ich an diesem Tag von Ihm bekam. Und alle Menschen werden sie hören und verstehen, wenn die Zwölf an einem Tische sitzen.

Ja Herr, die Deinen erkennen die Botschaft, die ein Unwissender nicht verstehen will. Wie könnte er auch, da er nicht einmal die Zeichen der Endzeit erkennen will. Hätte ich damals das Handtuch geschmissen, so wäre mein Verhalten einem Verrat an meinem Herrn und Gott gleichgekommen. Ich bereute meine Ungeduld und er verzieh mir – wie so oft.

 

Alles Wissen war wieder in mir, Er war wieder da, wo Er mich doch gar nicht verlassen hatte. Am nächsten Tag erhielt ich meine Monatszeitschrift ‚Neues Leben’ zugeschickt. Die Brüder berichteten auf der Titelseite über die Verirrungen auf unserem Glaubensweg: „Hier irren die Zeugen Jehovas“ und der himmlische Vater beauftragte mich, einen Brief an die Zeugen Jehovas zu schreiben. Es wurde ein geharnischtes Schreiben! Und Jesus Christus in mir spricht: „Wer Mich sieht, der sieht den Vater. Wenn dich die ganze Welt verlassen würde, Ich verlasse dich nimmer mehr“. Und Er sagte mir noch einmal die aufmunternden Worte: „Was geschrieben ist, das bleibt geschrieben!“

Gott hat mich erschaffen, dass ich Ihm auf eine besondere Weise diene. Ein bestimmtes Werk hat Er nur mir übertragen, und keinem Anderen. So habe ich meine Aufgabe, meine Mission…

 

Irgendwie bin ich zur Ausführung Seiner Pläne notwendig…

 

Freilich kann Er einen Anderen an meine Stelle setzen, wenn ich versage, so wie Er Kinder Abrahams aus Steinen erwecken kann. Aber ich habe meinen Teil in diesem großen Werk…

 

Gott hat mich nicht umsonst erschaffen. Ich soll Gutes tun und Sein Werk vollbringen. Ich soll auf meinem Posten ein Engel des Friedens, ein Prediger der Wahrheit sein, ohne es zu wollen, wenn ich nur Seine Gebote halte und Ihm in meinem Beruf diene.                                                                       

                                                                                                            John Henry Newman

 

 

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© Karlheinz Döring