jesusamen.de
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Als mich mein Herr (Gott) beim Namen gerufen hatte und mir durch Seine Offenbarung Geheimnisse des Himmels anvertraute, teilte Er mir meinen neuen Namen mit. „So sollst du dich fortan nennen, es ist in Ewigkeit in die Himmel (Universum) geschrieben: Acon“.

 

AGITATIO

Bewegung – Betreibung – Regsamkeit
Redsamkeit - Rührigkeit

CONCILIO

Zusammen bringen – verbinden – gewinnen – empfehlen –vermitteln
Zustande bringen – erwerben – verschaffen

OSTENTUS

Zum klaren Beweise – das Zeigen und Aufzeigen
Zeichen setzen *)

NUMEN

Göttliches Walten – Schickung – Macht – Wesen – Gottheit –Befehl
Wille – Wink

*) Gegensatz: ostentus credere – für Blendwerk halten

 

 

 

 Eine Meditation zu:

 

Ich bin angekommen, ich bin zuhause

 

Ich bin angekommen bedeutet, ich habe aufgehört zu rennen und bin im gegenwärtigen Moment. Nur er umfasst Leben. Atme ich ein, mache ich einen Schritt, berühre ich das Leben. Mit dem Rennen, den Hetzen aufhören ist wichtig. Nach Frieden, Glück und Stabilität kann ich nur im Jetzt Ausschau halten. Im Jetzt ist mein Zuhause. In ihm entdecke ich Wunder. Kummer und Sorgen werden geringer.

 

„Ich bin angekommen“, „ich bin zuhause“, diese Verse eignen sich für die Geh- und Sitzmeditation. Beim Einatmen sage ich „angekommen“, beim Ausatmen „zuhause“.

 

Bin ich im Hier und Jetzt angekommen, kann ich das Leben mit all seinem Wundern berühren. Der Regen ist ein Wunder, der Sonnenschein ist ein Wunder, die Bäume sind Wunder, die Gesichter von Kindern sind Wunder.

 

                                      Aus: Inspirationsbuch 2012, Seite 225+226

 

Jesus sagt: Ich bin der Anfang und das Ende, Ich bin der Ich bin: AMEN

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Privatoffenbarungen sagen nichts Neues, aber sie geben

der göttlichen Offenbarung die ursprüngliche Frische wieder

Kardinal Hans Urs von Balthasar

 

Das Dekret der Kongregation für die Glaubensverbreitung, gemäß A.A.S. 58 / 16 vom 29. September 1966, hatte Seine Heiligkeit Papst Paul VI. bereits am 14. 10. 1966 gebilligt und es wurde nach dem Willen Seiner Heiligkeit selbst herausgegeben. Drei Monate nach der Veröffentlichung erhielt das Dekret seine Rechtskraft. Danach ist es nicht mehr verboten, Schriften über Erscheinungen, Visionen und Wunder, "ohne Imprimatur", nämlich ohne kirchliche Druckerlaubnis, zu publizieren.

 

 AUS DEM INHALT

 

 

1       Der Traum                                                                                                              8

2       Vorbereitung                                                                                                         14

3       Durch Raum und Zeit                                                                                          38

4       Drei Tage bis zur Ewigkeit                                                                                 52

5       Gott schenkt Seinen Geist ohne alles Maß                                                   74

6       Das Ende der Erbsünde                                                                                     90

7       Ich werde nicht sterben                                                                                     100

8       Ein Tag wie tausend Jahre                                                                                111

 

                                                                                            

 

                                                                     

                  Jede lange Wanderung beginnt mit einem ersten Schritt

 

 

Herr, Vatergott im Himmel, Schöpfer allen Seins, wir beten für die vielen Menschen, welche nur dem Namen nach Christen sind. Herr, unser Gott und Vater Deines Ordens, die Knechte und Siegel Deines Wortes bitten Dich um Hilfe, verschließe den Menschen durch ihre Sünde nicht den Mund zum Zeugnis. Die Sünde hindert sie daran, den Mund zum Gebet zu öffnen. Lasse die ungehorsamen, in Sünde verstrickten Herzen nicht länger in der Sünde beharren. Sie sollen Dich loben und preisen. Wir beten für die schweigende Mehrheit unter den Christen, die weder zum Gebet noch zum Zeugnis den Mund aufmachen; aber da, wo sie Macht und Einfluss haben, oft die Verkündigung des Evangeliums noch behindern. Wir haben uns gebeugt unter eigenes Versagen und Schuld und bitten Dich, uns mit Deinem Heiligen Geist neu auszurüsten für die einzelnen Aufgaben, welche jeder von Dir erhält. Wir bitten Dich, erhöre uns.                                                                          Amen

 

 

Wir wissen genau, was Gott geboten und verboten hat, was den Willen Gottes entspricht und was nicht. Wenn wir die Verbote und Gebote missachten, dann betrügen wir den Geist Gottes - und wenn wir in der Sünde beharren und sie fortsetzen, verhärtet sich unser Herz. Unser Leben, das ein Segen sein sollte, wird ein Hindernis.

 

 

 

 

 

 

Gewidmet den Ordensleuten des O.H.C.C.

 

Hic habitasse prius sanctos cognoscere debes nomina quisque

 

Jesus pariter Acon requiris

 

 

Wer die Wahrheit sucht, sucht Gott

Ob es ihm klar ist oder nicht

 

Edith Stein

 

 

 

 

 

1   Der Traum

 

Es ist der Tag der der sieben Gründer der Seviten. Der neue Tag dämmert herauf und im Zimmer ist es noch dunkel. Ich schrecke vom Bett hoch, dermaßen hat mich das Traumerlebnis schockiert. Trotzdem kann man das soeben Erlebte nicht als Traum bezeichnen. Auch das Wort "Vision" wäre falsch, ich vernahm deutliches Sprechen und ein ungewollter Schrei aus meiner Kehle weckt mein Weib.

 

"Was ist denn passiert, daß du so herumplärrst, mitten in der Nacht?!" fragt sie schlaftrunken. Mit zitternder Stimme antworte ich ihr: "Da war jemand im Schlafzimmer!" "Spinnst wohl?", sprach`s, dreht sich zur Seite und schläft weiter. Für mich ist die Nacht zu Ende. Klar sah ich die Gestalt vor mir - mit geöffneten Augen! Das Entschwinden der Erscheinung als eine sich auflösende Nebelschwade zum Fenster hin, nachdem das Wesen zu mir gesprochen hatte. Doch welch`eine Sprache? Man kann es nicht beschreiben und schwer erklären. Nicht eine Sprache, mit der sich Menschen verständigen, nein, als fließe Honigmilch durch den Körper, ein warmes Sprechen, klar zu vernehmen und dennoch nur für den Empfänger hörbar. Ich sitze aufrecht im Bett und vernehme die Worte: "Deine Zeit ist noch nicht gekommen, habe noch ein wenig Geduld."

Ich fühle, daß es kein Selbstgespräch war und daß es nicht die eigenen Gedanken sind, die in der frühen Morgenstunde dieses 17. Februar 1987 meinen Herzrhythmus aus der Gleichmäßigkeit bringen. Mein erhöhter Schlag des Herzens läßt mich nur langsam begreifen, daß etwas Ungewöhnliches vorgefallen ist. Der Traum! Nein, kein Traum - ich bin ja wach! Aber vorher habe ich doch geschlafen? Und das Schlaferlebnis war ein Traum. Am Ende bin ich tatsächlich verrückt geworden! Ich überzeuge mich, daß die Schlafzimmermöbel noch am gleichen Fleck wie am Vorabend stehen und vorsichtshalber fasse ich mich an die Nasenspitze und drücke kräftig zu, ich bin der ich bin.

 

In Sekundenschnelle überdenke ich mein vorangegangenes unwürdiges Leben. Habe ich nicht beständig mit Gott gehadert, weil ER mir meine aufmüpfigen Fragen nicht beantworten wollte! ER ist es, der in mein Herz spricht! "Habe Geduld." Die Wolkengestalt vorhin - Jesus Christus!!!

 

Langsam kommt die Erinnerung an das Visionserlebnis der Nacht zurück. Ich schwitze; mir wird bewusst, warum ich den Schrei ausstieß, das fürchterliche Ende des erlebten Geschehnisses dringt in die Dimension Gottes ein. ER ist kein Traum, ER ist wahrhaftig und Er offenbart sich wann, wem, wie und wo Er will, an diesem Tag fällt mir das Begreifen schwer. Nie zuvor hatte ich so ein Schlaferlebnis. Es ist vier Uhr und dreißig Minuten. Zeit zum Aufsteh`n.

 

*       *       *

 

Mittlerweile ist es bereits neun Uhr und ich habe schon einige Fahrten hinter mir. Ich fahre am Warteplatz "Ebert" auf. Der Friedrich - Ebert - Platz sollte mir noch so viele göttliche Dinge bringen. An diesem nasskalten Morgen bekomme ich Einsteiger, besser gesagt: Einsteigerinnen. Zwei ältere Damen möchten nach Reuth.

 

 

Reuth in Oberfranken liegt sechzig Kilometer von meiner Geburts- und Arbeitsstätte entfernt. Für einen Taxifahrer ein schöner Auftrag, noch dazu am grauen Vormittag!

"Können sie uns auch wieder mit zurücknehmen?", fragt die eine der Beiden. Selbstverständlich! Ich erfahre, daß die zwei ergrauten Damen zur Heilpraktikerin müssen. Und dafür fahren sie sechzig Kilometer mit dem Taxi, überlege ich mir - ob sie zur Kirche auch soweit fahren würden und den nicht geringen Obolus entrichten würden? Sie sind ja schon öfters nach Reuth gefahren, erfahre ich, kein billiges Anliegen, so eine "Krankheit!" Des einen Leid - des anderen Freud; also fahren wir nach Reuth!

 

Die Wartezeit zieht sich in die Länge. Das Haus der Heilpraktikerin liegt an einem steilen Hang. Das Taxi parke ich in der Garagenzufahrt, die abschüssige Straße ist mit Matsch bedeckt, der vom frischgefallenen Schnee übrig bleibt. Nun habe ich eine oder zwei Stunden Zeit, meinen "Traum" der Sevitennacht zu rekonstruieren. Scheibchenweise zerlege ich die visoniäre Wirklichkeit der Allgegenwärtigkeit des Erbauers des Universums. Vielleicht hatte Edvard Munch die gleiche Erscheinung wie ich, als er sein Bild "Der Schrei" malte! Aus dem Kofferraum hole ich meinen Zeichenblock und versuche, den Traum zu Papier zu bringen. Das Lenkrad ist mein Tisch und der Beifahrersitz ist mein Ablagepult. Ich male nieder, was mir im Geiste gegeben ist.

 

Zuerst tiefschwarze Nacht. Am Anfang das schwarze absolute Nichts. Dann die Erscheinung. Wie malt man eine sich stetig wandelnde Erscheinung? Auf dem rechten Bildrand entsteht eine würfelförmige Glaskiste mit den Ausmaßen eines Kubikmeters. Auf der linken Bildseite erscheint das Haus mit der Nummer neun, Hausnummer neun von meinem geliebtem Hauxdorf. Kindheitsträume werden wachgerüttelt. Über dem Glaswürfel ist ein Wasserhahn aus Messing, aus welchem beständig und monoton kostbares Nass fließt. Vor dem Haus Nummer neun befindet sich eine große, rechteckige und verbeulte Blechwanne. Direkt vor der Haustüre steht dieses hässliche von Menschenhand geschaffene Ungetüm! So eine Wanne nahm man in den Nachkriegsjahren zum Kalk ablöschen, jeder Putz- und Stuckateurbetrieb verfügte über solche Wannen. Das Kalklöschen war eine schwere Arbeit. Ich denke an die großen Maurerhände meines Vormundes. Vorbei. Zwischen dem Haus in meinem Traum und dem Glasbehälter, der beständig mit kristallklarem Wasser gespeist wird, liegt ein großer Geldbetrag, Frischgedruckte Banknoten mit der ersten dreistelligen Zahl. Das Notenbündel kann man eben noch mit der Spanne des gestreckten Zeigefingers mit dem Daumen umfassen. Ganz schön viel, anno siebenundachtzig vor der zweiten Jahrtausendwende. Im Mauerdurchlass der Haustüre stehe ich. ICH! Das Bild ist immer noch tiefschwarz, von der linken und rechten Seite abgesehen. In der Bildmitte zeichnen sich nun die gebündelten Banknoten vom schwarzen Hintergrund ab. Das Schwarz nimmt einen anderen Farbton an, als würde jemand an einer Rändelschraube drehen! Durch das Dunkel erscheinen am Horizont Häuser - Häuser meines Dorfes. Immer deutlicher heben sie sich vom Hintergrund ab. In keinem Haus brennt Licht. Es herrscht totale Stille des gegenwärtigen Todes. Kein Bellen eines Hofhundes ist zu vernehmen oder zu erahnen. "Alles tot" durchzuckt ein Gedanke des Zweifels mein Gehirn. Alles und alle tot!

 

Am unteren Bildrand, zur Mitte hin erscheint das Haus des Ludwig, nach welchem ich in der frühen Morgenstunde schrie. "Luuuudwig, hiiiilf!!!!" war der Schrei, der mein Ehe-weib aus dem Schlaf riss!

 

Vor dem Haus des von mir angeflehten Ludwig steht eine schwarze Gestalt. Nur die Umrisse sind erkennbar. Die stillstehende Gestalt beobachtet das beständige Einfließen des Wassers in die Wanne. Im Inneren des Gebäudes wird Licht gemacht, so dass die Umrisse der Menschengestalt im Mauerdurchlass noch deutlicher abgezeichnet werden. Der Lichtschein in der Nacht fällt unmittelbar auf die Ablöschwanne und auf das Buntpapier der Bundesdruckerei. Die Schwärze der Bildmitte verdeckt bald wieder den Hauptteil des Geschehnisses. Die Häuser im Hintergrund sind nur noch schemenhaft erkennbar, als hätte sie die Hitze des Atoms ausgebrannt. Auf den Giebeln und Zinnen der Wohn- und Stallgebäude erscheinen schwarze Kreuze. Die Kreuze haben die Form von verkohlten überkreuzten Baum-stämmen. Nach geraumer Zeit des Staunens erscheinen die verbrannten Häuser in der Form von windschiefen Grabsteinen - mit verkohlten und geschändeten Kruzifixen obenauf! Gleich aufgehenden Nachtgestirnen erscheinen fratzenhafte Gesichter hinter den Todeshäusern.

 

Über jedem Todeshaus ist ein Gesicht zu erkennen. Sie lachen, daß ihnen die Tränen des Wahns über die Wangen rinnen. Ob es Tränen des Schmerzes oder der Freude sind, kann ich nicht erkennen noch erfühlen noch erahnen. Aber das Lachen ist definierbar: Schakale heulen zum Nachtgestirn, sie singen den Mond an, der nur Kraft der Sonne leuchtet.

 

Jemand aus dem Nachbarort von Hauxdorf, der Ort heißt Plärn (von plärren = weinen), will den Millionenbetrag aus der Bildmitte heimlich an sich nehmen. Ich erschrecke zutiefst, als ich die Menschengestalt erkenne! Ich springe über die hässliche Kalkwanne und entreiße ihr den Geldbetrag. Der Glasbehälter ist beinahe voll und droht, überzu-laufen.

 

Eine neue (erneuerte) Gestalt erscheint auf dem unterem Bildrand: "Ludwig" - Gott sei Dank! Er kann den beständig rinnenden Messinghahn zudrehen! Doch die nicht auszumachende Bildgestalt läßt das Wasser gewähren und - die Zeit! Die Zeit rinnt davon; oder rennt sie davon?

 

Von der oberen rechten Ecke schiebt sich eine knöcherne und dürre Hand in das Bild ein. Die Skeletthand schüttet bedächtig; und man kann den Genus des Handelnden erahnen; eine milchige Flüssigkeit in das klare Wasser. Die dickflüssige weiße Sirupmasse trübt das Wasser sehr schnell. Das vorab klare Wasser erinnert mich an mein Badewasser, welches trübe und ungenüsslich wird, sobald ich mein mit Kunststoff versetztes Badeöl hineinkippe. Ölflecke breiten sich auf meinem Visionsbild aus und der Messinghahn ist immer noch nicht abgedreht! Soll doch endlich jemand den Hahn schließen!

 

Wieder will ich schreien, da sieht mich die "Gestalt" an. Und ich habe den schnöden Mammon in Händen, welchen ich in Sicherheit bringen wollte! Und die Gestalt sieht mich fortwährend an und ich muss weinen. Ich heule Rotz und Wasser. Ich schäme mich und habe (noch) keinen erklärbaren Grund ob meines Zähneklapperns. Ich flehe den vor mir an: "Ich will das beschissene Geld nicht, nimm DU es doch!" Und ich zetere und bitte, ich ergebe mich der primären Gestalt meines Bildes. "Nimm` doch das Hundsgeld, ich wollte es doch nur in Sicherheit bringen. Glaube mir doch, ich bin nicht mehr so, wie ich einst war! Schau doch in mein Herz, DU weißt doch, daß mich aller Reichtum dieser Erde nicht mehr verführen kann!"

 

Er sieht mich lange an, sehr lange nach Menschenmaß. Endlich nimmt er den Mammon an, welcher mir nicht zusteht und den ich überhaupt nicht wollte. Gott sei Dank, daß er mir glaubt. Ich schreie ihn an: "Mach doch den Wasserhahn endlich zu, du siehst doch, daß ich nicht hinaufreiche, um den Hahn selbst zu schließen. Ich bin zu klein!" In der Bildmitte ist nach wie vor der schwarze Fleck. Undefinierbar. Ein schwarzes Loch. Was mag sich dahinter verbergen? Und wer verbirgt sich hinter der Gestalt mit der Skeletthand, welche das Wasser vergiftet? Das klare Wasser läuft beständig in den Glasbehälter und wird nun beständig verkappt!!! Mittlerweile ist das Maß des gläsernen Kubikmeters voll und die Sirupmasse aus Gift und Galle überschwemmt das Visionsbild. Die alles tötende Masse verläuft sich hinter dem schwarzen Fleck, erkenne ich. Oder rede ich mir es nur ein, daß der Tod sich selbst auflöst?

 

Und dann redet Ludwig, endlich ein Laut in der Stille des absoluten Sterbens. Er sagt: "Das überfließende von den Menschen vergiftete Wasser stellt eine Seuche dar, welche die Menschheit seit Zeiten der Pest nicht mehr heimgesucht hat." Und Ludwig redet und das Menschlein hört. Und weint.

 

Wiederum am unteren Bildrand erscheint nun das Haus mit der Nummer zwölf von Hauxdorf. Das Haus des Bürgermeisters, Josef. Auch in der Realität liegt es tiefgeduckt am Hang, an welchem das Dörflein meiner Kindheit gebaut ist. Auf meinem Visionsbild ist nun das Oberdorf mit seinen sechs Häusern verschwunden. Die Lacher mit ihren hyänenhaften Lauten sind immer noch obenan, obwohl Seuche und Tod ihr Eigentum schon zerstört haben. Diese Blinden und Tauben. Diese Dickschädel menschlicher Unvernunft! Ein apokalyptisches Bild sehe ich vor mir. Am rechten Bildrand steht die schwarze Gestalt, welche ich "Ludwig" nenne. Ob es der Sensenmann ist? Gevatter Tod? - Nein. Von den zwölf Häusern meines Dorfes der Eschatologie existieren nur noch zwei: Die Nummer neun und die Nummer zwölf - zwei von Zwölfen werden leben. Oh Gott! Und Ludwig steht immer noch als schwarze Gestalt am rechten Bildrand und sieht zu. Warum dreht er denn das reine Wasser nicht ab, dann kann es der Vergifter nicht mehr vergiften, oder? Das klare Wasser läuft beständig in den Glaswürfel und im Behälter ist alles trübe, stinkende Brühe. Das überlaufende Todeswasser vernichtet alles - alles-, und ergießt sich hinter den schwarzen Fleck. Ich flehe Ludwig an: "Drehe doch den Hahn ab!" Das überquellende Wasser ist mittlerweile alles zersetzendes Gift. Das Salz des Todes. Die Säure des Sternes Wermut. Und wieder spricht Ludwig: " Sie (die Menschen) werden eine Seuche bekämpfen und dieses Bekämpfen wird eine noch größere Seuche heraufbeschwören."

 

"Ist es diese neue Seuche, welche aus Amiland herüberkam?", frage ich Ludwig. "Viel schlimmer", antwortet Ludwig, "der Gestank der Verwesung wird über dem Land hängen und die Kirchen werden sich füllen. Es wird überwiegend die Mannsleute treffen, dieses Schrumpffieber gegen die Fruchtbarkeit."

 

"Was bedeutet dieser schwarze Fleck auf der Bildmitte?", frage ich ihn. "Sage mir, welche Exzensität des Sterbens sich hinter der Bildmitte verbirgt!"

 

In den schwarzen Fleck kommt Bewegung. Nach links und nach rechts dehnt er sich aus und als sei Baumharz mit Gelatine vermischt, bewältigt sich die zähe Wagenschmiere des restlichen Bildes.

Sollten die "Letzten" auch daran glauben müssen? Sollten sie verworfen werden, der Geschlechter und des Geschlechtes willen? Das schwarze Gewabbel aus Tod und Sünde kommt beständig näher und füllt langsam, jedoch unaufhaltsam die Kalkpfanne vor dem Haus Nummer neun und plötzlich sehe ich tote und verschmierte Fische in dem Gewabbel. Eine Kruste des sichtbaren Schmerzes bedeckt die Kadaver! Nur eine der tausendfachen Arten der Wassertiere ist in dem Morast krepiert: Es sind Süßwasserfische und wir nennen sie Karpfen. Die Wanne füllt sich mit toten Karpfen! Ich schreie zum wiederholtem Male meine menschliche Logik in das Universum: Seit wann hat ein Karpfen im Salzwasser eine Überlebenschance! In diesem Moment des Schreis ist mir noch nicht bewusst, geschweige eingegeben, wie die Agonie des Meeres mit dem großen Sterben der Menschen in Einklang zu bringen sei.

 

Heute weiß ich wohl Bescheid über "der Not Anfang" und die Gleichnisse Jesus Christus über die Erkenntnis SEINES Wiederkommens! Die Menschen bekämpfen ihre Seuche mit den falschen Mitteln.

 

Was aber existiert hinter dem schwarzen Fleck?

 

Kristallklares Süßwasser aus dem Messinghahn fließt und fließt, in beständiger Reinheit. Dennoch ist es am Ende alles Leben tötende Kloake! Trotz aller Überlegungen finde ich die Lösung nicht. Wem gehört die Skeletthand, welche dauerhaft bis zum Ende ein "Lösungsmittel" des Horrors in den kubikmassigen Glas-Würfel schüttet?

 

Neben seinem Haus mit der Nummer zwölf steht Joseph, der Bürgermeister von Hauxdorf. Die Todesbrühe mit den stinkenden Kadavern schwimmt auf seinen Hof zu. Samt seinem Gesinde steht er da und lacht - n i c h t! Anders als die Hälfte des Dorfes, die lachenden Hyänen des Oberdorfes sehe ich nun die tränenbenetzten Gesichter der sechs Unterdörfler. Stumm sehen sie den heranschleichenden Tod ins Auge, machtlos ob ihrer Sünden. Machtlos ob ihrer und ihrer Verstorbener Sünden - am Tage der Erkenntnis!

 

Die Kalklöschwanne - die Löschkalkpfanne - vor meinen Füßen ist randvoll mit Kadavern. Der erste Karpfen schwappt mir mit weit aufgerissenen Augen der Endlichkeit vor die Füße. Als wolle er mir ein Geheimnis anvertrauen, reißt er sein Maul noch in der Stunde des Sterbens weit auf. Er nimmt sein Geheimnis mit zur Verwesung. Nasse Asche von Pompeji!

 

Schon sehe ich ins Angesicht des Todes, nicht nur das neunte Haus würde vernichtet werden, auch die zwölf von Zwölf würden das Geschehen nicht überleben. Keine Menschenseele würde überleben! Kein Einziger! Ich schreie noch lauter als zuvor: "Ludwig, dreh`den Hahn zu, hilf uns doch..." Die letzten Bewohner weinen, der spärliche Rest von Hauxdorf weint, Joseph weint, ich weine und alle haben das Lachen verlernt, als Ludwig den Hahn schließt. Auch Ludwig weint und die Letzten haben aufgerissene Mäuler wie die verreckten Karpfen. Nur wenige sind übrig geblieben. Wenige Menschen und keine Karpfen. Und die lachenden Hyänen vom oberen Bildrand sind nicht mehr vorhanden! Nicht einmal über den Schreiber können sie lachen. Arme Kreaturen!

 

 

Ein schlimmes Bild halte ich da in meinen Händen. In einer Zeit des Wartens aufgezeichnet. Als Tisch das Lenkrad und als Pult der Beifahrersitz... Tempus fugit. Als Taxifahrer hat man viel Zeit: Wartezeit auf den nächsten Fahrgast. Warten auf IHN. Ich sitze in meinem Auto und kann den schwarzen Fleck nicht deuten. Doch am frühen Morgen sprach jemand in mein Herz: "Habe Geduld, deine Zeit ist noch nicht gekommen..."

 

Sechs Monate ist der Zeitraum des Wartens und des Sehnens. Sechs Monate lang werde ich "zugerichtet." Am Tage der Kreuzerhöhung in diesem Jahr 1987 habe ich noch einmal eine Zusammenkunft mit Gevatter Tod. In ganz anderer Weise und ich begegne ihn und IHN, da ich noch im Fleischesleibe bin. Das Schlaglicht des dreieinigen Gottes trifft den Taxifahrer und vernichtet die Kreatur Mensch. Mit unendlicher Güte richtet Gott Sein Geschöpf wieder auf, das alle Buße annehmen darf. Der Tag der sieben Gründer der Seviten1987 ist gespeichert in Ewigkeit. Tränen und Trauer und das große Sterben werden die Menschen heimsuchen, noch ehe drei Generationen geboren sind. Sechs Monate nach dem Sevitentag offenbart sich der Vatergott Seinem Geschöpf - und gibt diesem Geschöpf einen neuen Namen. Bei mir, der dieses niederschreibt bewirkt die Kraft des Heiligen Geistes eine 180- Grad- Wende. Wer sollte mich von meinen Erlöser trennen? Da doch Tod noch Satan keine Macht mehr haben im Ewigkeitsleben des Knechtes Christi. Corpus Christi 2000.

 

 

Sechs Monate lang bereitet der Vater im Himmel SEIN Werkzeug zu. Ein halbes Jahr lang versucht der neue Knecht im Hause des Herrn, das Wort "Gnade" zu begreifen. Die Gnade des Allerhöchsten ist nicht fassbar mit menschlichen Sinnen. Nur der Geist Gottes befähigt den Menschen, das Unbegreifliche zu begreifen. Wo die menschliche Logik endet, beginnt die vierte Dimension: Gott!

 

Als der dreifaltige Gott in der Person Jesu Christi zum zweiten Male zu mir spricht, schreie ich nicht mehr. Ganz leise spreche ich:

 

"Herr sprich, DEIN Knecht hört."

 

Und ER erwidert: "Mein Kind, Ich habe dich beim Namen gerufen, du bist Mein! Dein Leben wird Zukunft haben und nicht im Leeren enden! Du bist wertvoll und einmalig, weil du aus Gottes Schöpferwerkstatt stammst."

 

Machen wir uns also nicht selbst zu Kopien! Gott hat Lust am Original, nicht am ausgerichteten und dressierten Einheitstyp unserer schnellen Endzeit. Du bist du! Jeder darf zum Frieden mit IHM gelangen.

 

Gelobt sei Jesus Christus

in Ewigkeit, Amen.

 

 

2   Vorbereitung

 

 

Es ist der Tag der Kreuzerhöhung 1987, ein Montag. Um sechs Uhr trete ich meinen Dienst an. Es ist noch stockfinstere Nacht, aber demnächst werden die Uhren ja wieder zurückgestellt. Warum nur greift der Mensch in die Zeit ein?

 

Laut Wetterbericht steht mir ein schöner Nachsommertag bevor. Tatsächlich spitzt die Sonne am Vormittag schüchtern hinter den Wolken hervor. Gegen zehn Uhr ist sie schlagartig in voller Größe am Himmel. Herrlich, man muss die Jacke ausziehen! Immer noch hoffe ich, einen Menschen zu finden, der mir das Tag- Traum- Erlebnis vom Februar deuten kann. Wer könnte zuständig sein? Ich sammle Anschriften von - meiner Meinung nach - zuständigen Menschen.

 

Ich nehme mir vor, das Visionsbild meines Nachterlebnisses auf schwarzen Samt zu malen, um es dem Professor in die nahe Universitätsstadt zu bringen, der schon monatelang einen unbekannten Virus erforscht und nicht vorankommt. Der Schlaf-forscher kann mir bestimmt hilfreich sein. Ich sitze in meinem Taxi und hoffe auf einen Fahrgast, der als "Abgeordneter des Herrn" zu erkennen ist. Ich versinke in eine charismatische Gedankenwelt.

 

Ich fühle, daß etwas in der Luft liegt, an diesem 14. September anno 1987. Es ist kurz nach zwölf Uhr, als ich meinen Fahrauftrag vermittelt bekomme. Eine etwas längere Anfahrt, als gewöhnlich.

 

An der großen Straßenkreuzung bei der Südkaserne sehe ich das Blaulicht des Rettungswagen blinken. Das fehlte mir noch: eine weite Anfahrt und dazu noch eine unfallbedingte Sperre der großen Kreuzung! Ein schwerer Verkehrsunfall muss dort vorne geschehen sein, denn das große Aufnahmeauto der Polizei kommt nur bei Personenschäden. Das Licht des Klinomobils blinkt sogar in dreifacher Ausführung, als wolle es kräftiger als der Sonnenschein erstrahlen. Für mich bietet sich keine Möglichkeit, den Unfallort zu umfahren. "Diese dämlichen, zweigeteilten Straßen", denke ich, keine Wendemöglichkeit! Bisher war es so, daß ich, wenn ich zu einem Unfall hinzukam, zitterte und in den Handflächen und in den Achselhöhlen zu schwitzen begann. Schon der Gedanke an Blut oder an verletzte Menschen ließ mich transpirieren. Wie oft schon trieb man seinen Spott mit mir, wenn ich bei scheußlichen Bildern im Fernsehen zur Fernbedienung griff...

 

Der Unfall muss sich erst vor kurzer Zeit ereignet haben. Das Motorrad liegt in eigenartiger Weise auf dem Grünstreifen. Als wolle die schwere Maschine in die Erde hineinfahren, liegt sie mit 90- Grad Schlagseite da! Das Hinterrad ist steil nach oben gereckt und das Nummernschild zeigt gleich einer Visitenkarte in den Himmel. Plötzlich ist die Stimme in mir, fein und lieblich, dennoch klar und tatsächlich. Einfach unbeschreibbar! "Er ist tot!" Ein gespenstischer Unfallort in der Mittagssonne eines schönen Herbsttages. Noch etwas Überirdisches durchflutet meinen Körper: Das erste-mal in meinem bisher so unwürdigen Leben bin ich beim Anblick des Geschehens nicht nervös oder beginne zu schwitzen. Ich scheue mich nicht vor Blut oder noch schlimmeren Sachen. Das gibt´s doch nicht! Die innere Stimme verwandelt das Seelenleben.

Ich nehme meine rechte Hand vom Steuerrad und strecke sie aus. Ich spreize die Finger. Kein Zittern, kein Schwitzen, keine innere Unruhe. Was ist los mit mir?

 

Im Schritt-Tempo fahre ich heran, die Polizisten dirigieren die Fahrzeuge über den Fußgängerüberweg. Ein verbeulter PKW liegt quer zur Fahrtrichtung auf dem Asphalt. Glassplitter - Bremsspuren - Absperrung. Bestimmt wird gleich umgeleitet. Die Sanitäter beugen sich über etwas mir Unsichtbaren. Sie haben Schläuche in der Hand und ein Helfer ist in der Hocke und sieht beständig auf einen gewissen Punkt auf dem Rasen. Was er wohl sieht, was ich nicht sehe? Direkt neben dem Motorrad spielt sich die Handlung ab!

 

Der eine Rettungsmann richtet sich auf und macht eine Handbewegung, wie man sie macht, wenn einem alles zwecklos und sinnlos erscheint. Er nimmt sein Blechköfferchen und geht zum Klinomobil. Die Schiebetür` am Einsatzfahrzeug ist zurückgefahren, so dass ich einen Blick ins Innere des Wagens tun kann, während ich vorbeifahre. Weder ein Verletzter noch ein Toter noch eine andere Kreatur liegen oder sitzen im Notfallfahrzeug. Wo ist das Unfallopfer? Wo ist er? Es muss ein Mann sein, der hier verunglückt ist! Schon wieder diese Flut von Gefühlen in meinem Körper! Und ein bestimmtes Wissen! Warum muss es ein Mann sein, der hier irgendwo liegen muss, ich spinn` doch nicht!!! Oder doch???

 

Da vernehme ich die Stimme wieder, als spreche jemand hinter meinen Nervensträngen, die dennoch nicht strapaziert werden. Die Stimme versetzt mich in eine noch nicht gekannte Dimension, ich glaube zu schweben und bin im wahrsten Sinne des Wortes entzückt. Nein - verzückt - oder entrückt? Ja - ich bin der Welt entrückt, aber ganz bestimmt nicht verrückt. Zur Sicherheit zähle ich meine zehn Finger nach und befühle meine Nasenspitze.

 

Nicht hinter den Nervensträngen, sondern mitten ins Herz hinein spricht die Stimme - und die Nerven werden gestreichelt als ich das warme Sprechen wiederum vernehme: "Der Motorradfahrer ist oben bei mir!" --- Das gibt´s doch nicht!? --- In diesem Augenblick sehe ich wohl aus wie der Benefiziat von Erbendorf oder wie ein Heiliger an seinem Namenstag. Ich kenne im Augenblick weder den, noch selbigen!

 

Ein Polizist kommt an mein Fahrzeug: "Fahren sie bitte weiter!" Sein ernstes Gesicht ist nicht unfreundlich. Ein ernstes Gesicht ob der Gegenwart des Todes, aber ein freundliches Gesicht, das die Seele widerspiegelt.

 

Meine Psyche hat sich verändert. Diese wunderbare innere Ruhe, dieses nicht beschreibbare Gefühl der an Ekstase grenzenden Verzückung des Leibes. Minuten dehnen sich zu Stunden und sind in Wirklichkeit Sekunden. Wahnsinn!!!

 

Langsam fahre ich die Straße hinab, um meinen Fahrgast abzuholen. Seit dem Fahr-auftrag sind noch keine fünf Minuten vergangen. Was ist Zeit?

 

Er nennt sein Fahrtziel und um des Zieles wegen und um der kürzesten Fahrtroute wegen müssen wir nochmals am Unfallgeschehen vorbei. Mein Nebenan spricht besten fränkischen Dialekt: "Da hat`s einen derbräiselt." Da hat es jemanden zerbröselt, besagt die Umgangssprache. Da wurde jemand in ein Unglück verwickelt! Ich antworte auf seine Feststellung: "Er ist tot!"

 

Mein Fahrgast ist überrascht: "Hast wohl eine Meise im Hirn, woher willst du denn wissen, daß er "hin" ist, ha?" Ganz ehrfurchtsvoll erwidere ich: "Mein Gefühl sagt es mir!" Da lacht er herzhaft: "Mein Gefühl sagt mir, daß ich Durst habe!"

 

Noch ein drittes Mal muss ich an diesem Tag die Unfallstelle passieren, da mein Fahrgast nur etwas zu besorgen hat und anschließend wieder zurück in seine Kneipe will. Das Motorrad liegt immer noch auf dem Grünstreifen, mit Visitenkarte gen Himmel. Die Ordnungshüter vermessen und die Sanitäter haben das Feld geräumt. Sie haben einem Stärkerem das Feld geräumt: Gevatter Tod.

 

Noch einmal sinniere ich: Wie kann solch eine schwere Maschine so schwerelos daliegen? Das ganze Gewicht liegt auf ein paar Quadratzentimeter Fußraster. Als hätte der Tote sein geliebtes Gefährt mit in den Himmel nehmen wollen, als habe er sich bei seinen Erdenabschied an seine Windsbraut geklammert, so unnatürlich liegt der Blechhaufen am Boden. Doch Gevatter Tod drückt das irdische Glück mit seinem Daumen in den Staub. Ich sehe vor meinem geistigen Auge eine überdimensionale Hand, welche das Vorderrad des Motorrades in den Erdboden drückt! Auch die Gegenwart des Todes macht mich nicht nervös oder läßt meine Glieder erzittern. Meine Stimme klingt jedoch anders als bisher. Nicht hektisch und nicht aufgeregt, nicht laut und nicht vulgär oder gar obszön oder herrschsüchtig. Ich habe das Gefühl, jemand hätte mir die Ohren durchgepustet. Ich höre meine eigene Stimme und meine, ein anderer spräche durch meinen Mund. Mehr zu mir selbst rede ich: "Der Motorradfahrer ist im Himmel!" Ich bin der Meinung, gemurmelt zu haben, da vernehme ich die Stimme meines Fahrgastes: "Ja, ja, hast schon wieder ein Gefühl, hä?"

 

Er lädt mich zu einer Maß frisch gezapften Bieres in seine Stammkneipe ein. Ich lehne das Angebot ab und ziehe meine Maß Flaschenbier zuhause dem Fassbier vor. Nach dieser Fahrt mache ich Feierabend. Ungewöhnlich, da es erst kurz nach der Mittagsstunde ist.

 

 

*       *       *      

 

Meine Frau bemerkt mein verändertes Wesen sofort. Bisher erzählte ich ihr stets über den geschäftlichen Tagesablauf und über das Verhalten der Fahrgäste. Heute bleibe ich stumm. Zum -zigstenmale fragt sie nach der Ursache meines Kummers. Ich habe keinen Kummer, im Gegenteil, selig bin ich und ich bin dabei, das Seelenheil zu finden! Herrlich!

Dann erzähle ich doch. Von einem unsichtbaren Unfallopfer und von der inneren Stimme. Ich sehe es ihren Augen an, was sie denkt, als ich spreche: "Er ist tot!"

 

Die logische Gegenfrage: "Woher willst du das wissen?", lasse ich unbeantwortet. Soll ich sagen: Vom lieben Gott? Mein Weib zweifelt an meinem Verstand - zum ersten Mal. Wie kann jemand von einem Toten sprechen, den er gar nicht gesehen hat?

 

Der Nachmittag versinkt in Schweigen. Der Abend wird hie und da von einer Frage und einer Antwort unterbrochen: "Dein Motorradfahrer sitzt wohl auf einer Wolke und singt Hosianna, wie dein Engel Aloisius?" --- "Nein - er ist bei IHM, bei Gott!" --- " Hast dich wohl überarbeitet, in letzter Zeit?" --- "Nein, Gott existiert!" --- "Hat dir eine Taube aufs Hirn geschissen?" --- " Nein, du kannst ja morgen alles in der Tageszeitung lesen!"

 

Meine Frau ängstigt sich um mich. Am nächsten Morgen kauft sie die Tageszeitung. Nichts steht im Polizeibericht. Aber am übernächsten Tag berichtet der Reporter vom Präsidium: Motorradfahrer tot. "Beim Abbiegen hat ein Autofahrer einen Motorradfahrer übersehen."

 

Bis ins Detail wird der Unfall von der Kreuzung Bayernstraße / Münchener Straße, beschrieben, aber der Ort des Geschehens ist versetzt: "An der Kreuzung Muggenhofer- Maximilianstraße ist ein Kradfahrer tödlich verunglückt." Von einem Unfall Nähe Südkaserne wird auch in den folgenden Tagen nichts berichtet! War überhaupt ein Verkehrsunfall, bei der Südkaserne? Ich habe alles doch mit meinen Augen gesehen! Meine Frau findet nichts Spaßiges mehr am Geschehen und am Wandel meiner Psyche. Ich weiß, daß jemand, gleich eines großen Steuermannes, sich meines Leibes und meiner Seele bemächtigt hat.

 

Drei Jahrzehnte habe ich keine Bibel mehr gelesen. Und jetzt drängt mich mein Inneres, nach dem von mir verworfenen Wort der Wahrheit zu suchen! Ich weiß, daß die Stimme in mir die Stimme des Schöpfers allen Seins ist. Mein schlagartig verändertes Leben bleibt meinem Weibe nicht verborgen. Sie beobachtet jeden Schritt und jeden Tritt und jede meiner Bewegungen misstrauisch. Kurz vor Mitternacht finde ich meine verschmähte Konfirmandenbibel irgendwo hinter Schundliteratur verborgen. Ich schlage das Buch auf und beginne mit dem letzten Kapitel. "Wie die Juden", bemerkt meine Gattin und - weint. Ob sie denkt, ich sei krank? Bestimmt, denn vierzehn Tage später ruft sie den Hausarzt. Mir ist, als könne ich aus ihren Augen diagnostizieren, sprich: lesen! Wir sprechen wenig, als der lange Tag der Kreuzerhöhung zu Ende geht.

 

 

 

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In der folgenden, kurzen Nacht schlafe ich gut, ich fühle mich als neuer Mensch mit neuer Seele, soweit ich überhaupt fähig bin, nach den vorangegangenen Tag noch Gefühle zu beschreiben. Die Bibel liegt bei meinen Utensilien, als wäre dieses jahrzehntelang so üblich gewesen. Wiederum mustert mich mein Weib argwöhnisch. Weil ich die Heilige Schrift mit zur Arbeit nehme. Anstelle der Kreuzworträtsel will ich zukünftig andere - heilige - Dinge entschlüsseln. Froh und heiter beginne ich mein Tagwerk, am Tag der da "Mariä Schmerzen" heißt! Sogar eine halbe Stunde früher als sonst bin ich am Warteplatz! Es will nicht hell werden, die Nacht will dem Tag nicht weichen!

 

"Mariä Schmerzen" ist voll Überraschungen! Gleich nach dem ersten Fahrauftrag die erste Überraschung: Am Marktplatz vor dem schönen Brunnen winkt ein Fahrgast.

Beinahe hätte ich ihn übersehen, so unvorteilhaft dunkel ist er gekleidet, mitten in der Nacht frühmorgens um sechs! Wie Phönix aus der Asche steht er vor mir und schwankt und winkt. Beim Näher kommen erkenne ich ihn. Ein regelmäßiger Taxibenutzer der gehobenen Art..., ein Arbeitgeber von einigen Dutzend Leuten und noch etwas berauscht, wie unschwer festzustellen ist. Die Krawatte ist lässig geöffnet und die erkaltete Zigarre hängt in seinem Mundwinkel. Ich schmunzele über sein zerknittertes Gesicht. Bestimmt hat sich die abendliche Geschäftsbesprechung bis zum Morgen hingezogen.

 

"Guten Morgen", höre ich als erstes von ihm, als zweites einen Überraschungslaut, weil ich dem "guten Morgen" meinerseits seinen Namen anfüge. Er freut sich, daß er einen Bekannten trifft und ein wenig plauschen kann. Ich gratuliere ihm nachträglich zu seiner zweiten Heirat, von welcher ich kürzlich in der Tagespostille gelesen hatte. Er hat das Inserat selbst entworfen, verkündet er mir mit ehrlichem Stolz. Erst vor einigen Tagen hatte er mir von seiner gescheiterten Ehe berichtet. "Nie wieder heiraten", hatte er damals gesagt, und zur Bekräftigung dreimal auf das Holz des Armaturenbrettes geschlagen.

 

"Warum so schnell wieder in den Hafen der Ehe, Herr Hufnagel?", will ich wissen. Wenn er erst mal in Schwung gekommen ist, kann er wunderschöne Geschichten erzählen, der Huf - Nagel! Ich gebe ihm Feuer für seine kalte Zigarre und er pafft dankbar. "Ich bin eben ein verrückter Hund", stellt er zum so und so vielstem Male fest, um jedes Mal sofort zu fragen:"Stimmt´s?" Jawohl, so ist es! Stets spricht der Hufnagel seine Zuhörer mit dem vertraulichen Wörtchen "Du" an, und wenn jemand nicht seiner Meinung ist, hat er ein ganzes Arsenal von Kraftausdrücken in Reserve, meist landwirtschaftlichen Ursprungs. Wegen des kleinen Wörtchens hat der Hufnagel schon hohe Geldbußen bezahlen müssen, weil er einen Herrn Gerichtsrat oder einen Herrn Stadtrat oder einen Herrn Oberpolizeirat auch duzt. "Ich lass´ mir mein ehrliches Maul nicht verbieten", meint er. Recht hat er!

 

Heute Morgen läßt sich der Hufnagel von seiner Stadtwohnung zu seiner kürzlich erworbenen neuen Hütte (Haus) fahren, um sein dort geparktes Auto abzuholen. Um sieben Uhr muss er bereits im fünf Kilometer entfernten Betrieb sein. Alle Achtung, wenn jemand saufen kann, dann muss er auch aufstehen können, in aller Herrgottsfrühe! Aber ein Mann in seiner Position hat doch Stellvertreter, überlege ich, sein Betrieb läuft doch auch mal ohne ihn, oder? An diesem Tag erfahre ich etliches über göttliches Wirken und über die Führung durch die Hand Gottes. An jenem schmerzlichen Marientag anno 87 weiß ich noch wenig von diesem Gott, den ich ja vorher nie suchte. Dieser Vatergott will mich auf etwas vorbereiten, das fühle ich durch meine stetige geistige Verwandlung. Wieder spricht jemand in mein Herz, während der muntere Hufnagel auf dem Beifahrersitz seine interessante Hochzeitsgeschichte erzählt. Noch weiß ich nicht, dass ich ein "Siegel Gottes" durch die Morgendämmerung kutschiere.

 

 

 

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Leseprobe: Die Offenbarung des Acon

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© Karlheinz Döring